Steglitz stellt Richard Norden mit „Writers Workshop“ vor

Buchaffine Blogbetreiber, die sich jeweils in Kurz-Interviews präsentieren, sprechen Blogempfehlungen aus, deren Betreiber wiederum eingeladen werden, sich den Fragen zu stellen. Das ist Ziel der losen Interview-Reihe „Steglitz stellt bibliophile Blogger vor“, deren Intentionen ich anderenorts detaillierter erläutert habe.

Heute kommt Richard Norden zu Wort, der der Writers Workshop betreibt. Gewünscht hatte sich das Axel Hollmann, der ein gleichnamiges Schreibblog unterhält.

Dein Steckbrief in Stichworten …

Geboren 1968. Abitur, Studium BWL und Wirtschaftsinformatik, heute Autor von Kurzgeschichten und Romanen aus den Bereichen Fantasy und Science-Fiction sowie Sachbüchern und Kursen rund ums kreative Schreiben. Außerdem gebe ich das WritersWorkshop E-Zine heraus, ein monatliches Magazin für Schriftsteller und Hobbyautoren.

Seit wann, warum und wo bloggst du?

© Richard Norden

© Richard Norden

Ich habe 2007 auf Blogspot.com mein Autorenblog begonnen, um über die Arbeit an meinen Büchern zu berichten und Kontakte zu anderen Autoren aufzubauen. Das ursprüngliche Blog rückte 2009 mit der Gründung des WritersWorkshop E-Zines, in dem ich monatlich über diverse Themen rund ums kreative Schreiben berichte, etwas in den Hintergrund. Das Magazin (PDF-Format) kann man kostenlos über meine Webseite abonnieren. Fünf Ausgaben zum Reinschnuppern finden sich übrigens auch auf der aktuellen DVD-Beilage „KreativSuite 2013“ der CHIP 01/2013.

Mit meinem Autorenblog bin ich dieses Jahr auf ein selbstgehostetes WordPress-Blog umgestiegen. Blogspot war von den Features her lange Zeit für mich ausreichend, aber durch den Entschluss, meine Autorenhomepage und mein Autorenblog „unter einem Dach“ zu vereinen, führte kein Weg mehr an WordPress vorbei.

Aus heutiger Sicht hätte ich schon früher auf WordPress umsteigen sollen. Die Möglichkeiten hinsichtlich der Gestaltung und Administration des eigenen Blogs sind durch die zahlreichen nützlichen Plugins fast unbegrenzt. Gerade Erweiterungen wie der redaktionelle Kalender oder die automatische Twitter-Anbindung sind Gold wert.

Deine Themenschwerpunkte …

Ich blogge über alles, was mit dem Schreiben und dem Veröffentlichen von Büchern zu tun hat – allerdings mit dem Schwerpunkt auf Planung, Organisation und Produktivität.

Das Gefühl für Sprache und Stil sowie die eigene ‚Autorenstimme‘ muss sich jeder Schriftsteller im Laufe der Zeit selbst erarbeiten, indem er viel und regelmäßig schreibt. Die handwerklichen Aspekte des Schreibens sind hingegen etwas, das man sehr gut über Bücher und Blogposts vermitteln kann.

Was treibt dich in der Literaturszene, dem Literaturbetrieb derzeit besonders um?

Mich faszinieren der Vormarsch der eBooks und des Print-on-Demand-Sektors und die Auswirkungen dieser Entwicklung auf die Verlagswelt. Heutzutage ist es jedem Autor möglich, seine Werke auch ohne einen klassischen Verlag und ohne finanzielles Risiko in Eigenregie zu veröffentlichen.

Manch‘ einer sieht diese Entwicklung kritisch …

Die gern geführte Diskussion, ob das nun eher Fluch oder Segen ist, möchte ich an dieser Stelle nicht vertiefen. Natürlich wird auf diesem Wege oft auch unausgegorener, schlecht geschriebener Schund auf den Markt geworfen, für den sich niemals ein Verlag gefunden hätte – aber durch die Interaktivität des Internets (also Leserrezensionen bei Online-Buchhändlern wie Amazon) trennt sich hier recht schnell die Spreu vom Weizen.

Wenn man den Buchmarkt beobachtet merkt man, dass mittlerweile immer mehr kompetente und professionelle Autoren die Verlage umgehen und ihre Bücher erfolgreich in Eigenregie herausbringen und vermarkten. Selbstverleger können mit ihren Büchern schneller auf Trends und neue Entwicklungen reagieren als große Verlage. Das ist ein wenig wie mit den flinken, beweglichen Säugetieren, die vor Jahrmillionen die schwerfälligen Saurier ablösten.

Und wie schätzt du die Zukunft der klassischen Verlage ein?

Dieser Trend wird meiner Meinung nach in den nächsten Jahren zu einem Umdenken in der Verlagswelt führen müssen. Heute sind Verlage längst nicht mehr die allmächtigen Türsteher, die darüber entscheiden können, wer veröffentlicht wird und wer nicht – und immer mehr Lesern ist es egal, ob der Name eines großen Verlags auf dem Buchrücken steht.

Dennoch glaube ich nicht, dass klassische Verlage vom Aussterben bedroht sind, wie manche Schwarzseher orakeln. Um jedoch mit der Flexibilität und den vergleichsweise höheren Tantiemen konkurrieren zu können, die Autoren z.B. in Amazons KDP-Programm oder zu CreateSpace locken, müssen klassische Verlage sich eher als Dienstleister positionieren, die Autoren durch professionelles Lektorat, Coverdesign und Unterstützung bei der Vermarktung ihrer Bücher ermöglichen, sich mehr auf ihre eigene Kernkompetenz – nämlich das Schreiben von Büchern – zu konzentrieren.

Ich glaube, dass in dieser Hinsicht die nächsten Jahre noch sehr interessant werden dürften.

Wie machst du dein Blog und deine Beiträge bekannt?

Ich bin auf Twitter sehr aktiv und habe dort ein mittlerweile ein paar tausend Follower, die meine Schreibtipps lesen und teils ihrerseits retweeten. Was sich auch sehr bewährt ist, periodisch Links zu älteren, aber weiterhin aktuellen (Evergreen-)Blogposts zu twittern und diese Blogposts so erneut in den Fokus der Leser zu bringen.

Gelegentlich schreibe ich auch Gastposts für andere Autorenblogs, was ebenfalls zu Synergie-Effekten führt. Facebook ist für mich hingegen noch ziemliches Neuland, obwohl ich durchaus das Potential für Autoren und Blogger sehe. Aber das ist ein Thema, mit dem ich mich 2013 etwas intensiver beschäftigen möchte.

Was sollte ein Blogger besser sein lassen?

Als Blogger sollte man genau wissen, wer die Zielgruppe des eigenen Blogs ist und welche Themen diese Leser interessieren. Es ist gut, wenn man als Blogger vielseitig interessiert ist – aber im Blog selbst sollte man sich auf eine Zielgruppe und deren Interessen beschränken. Wer heute übers Schreiben, morgen über Nordic Walking und übermorgen über die neuesten Kinostarts bloggt, dürfte Probleme haben, sich eine feste Leserschaft aufzubauen.

Man sollte sich als Blogger auch sehr genau überlegen, ob bzw. wie weit man sein Privatleben in seine Blogposts einfließen lassen will. Solange die Anekdoten aus dem eigenen Privatleben etwas mit dem Thema des Blogs zu tun haben (oder man sie damit geschickt in Verbindung setzen kann), ist das schön und gut. Leser interessieren sich natürlich immer auch für die Person hinter dem Blog – aber wenn die Blogposts über private Dinge überhand nehmen und keinen Bezug mehr zum eigentlichen Thema des Blogs haben, verwässert man sein Blog und riskiert damit, seine Leser zu verlieren.

Welche Hürden muss ein Blogger nehmen?

Die größte Hürde ist der Balanceakt, einerseits regelmäßig zu bloggen und sich andererseits nicht zu wiederholen und damit langweilig zu werden. Wer zu selten neue Beiträge veröffentlicht, gerät rasch in Vergessenheit – aber wer 1-2 Blogposts pro Woche schreiben will, hat schon bald dasselbe Problem wie zahlreiche Zeitschriften – nämlich dass fast alle interessanten Themen schon einmal abgehandelt wurden. In diesem Falle bleibt nur, alte Themen aufzuwärmen, und dabei diesmal die Schwerpunkte anders zu setzen und das Thema von einer anderen Seite zu beleuchten.

Dieses Problem haben natürlich vor allem Blogger, die sich bemühen, überwiegend Evergreen-Posts zu schreiben, die auch in ein paar Monaten oder Jahren nicht viel von ihrer Aktualität verloren haben. Wer hingegen z.B. über Literatur-Neuerscheinungen berichtet, hat natürlich regelmäßig „frischen Stoff“, über den er berichten kann. Auf der anderen Seite kann man eine Buchrezension nicht so schnell aus dem Ärmel schütteln wie einen Blogpost über ein Thema, mit dem man sich ohnehin bereits intensiv beschäftigt hat. Bücher intensiv genug zu lesen, um sie angemessen rezensieren zu können, kostet nun mal Zeit.

Dein schönstes Erlebnis als Blogger …

Ich freue mich immer über Kommentare und Rückmeldungen zu meinen Blogposts und zu meinen Artikeln aus dem WritersWorkshop E-Zine. Auf diese Weise sind schon viele interessante Diskussionen und nette Freundschaften zustande gekommen.

Natürlich habe ich mich auch sehr gefreut, als die CHIP mein WritersWorkshop E-Zine auf ihrer DVD-Beilage „KreativSuite 2013“ gebracht hat. Sowas ist natürlich immer ein schönes Kompliment für die eigene Arbeit.

Wie gehst du damit um, wenn dir Verlage, Agenturen oder Autoren Rezensionsexemplare anbieten?

Der Fokus meines Blogs und des WritersWorkshop E-Zines liegen auf dem Schreiben von Büchern und Kurzgeschichten – daher stelle ich lediglich Schreibratgeber im weitesten Sinne vor – also alles, was sich ums Schreiben, Veröffentlichen und Vermarkten von Büchern dreht.

Rezensionsexemplare nehme ich durchaus an, behalte mir aber vor, ob ich letzten Endes tatsächlich eine Rezension in meinem Blog oder dem WritersWorkshop E-Zine veröffentliche. Wenn mir das Buch gefällt, schreibe ich gerne eine positive Rezension, aber ich lehne es ab, Verrisse zu schreiben. Wenn ich das Buch meinen Lesern nicht mit gutem Gewissen empfehlen kann, schreibe ich lieber gar nichts darüber. Das ist im Normalfall auch im Sinne des Autors bzw. Verlags.

Und wie würdest du damit umgehen, wenn dir Self-Publisher ihre Titel zur Rezension anbieten?

Ich mache keinerlei Unterschiede zwischen den Büchern von Verlagen und denen selbstverlegender Autoren. Für mich zählt die Qualität eines Buchs und nicht, ob es über einen bekannten Publikums-Verlag, einen Print-on-Demand-Anbieter oder als Kindle-eBook veröffentlicht wurde.

Auch hier gilt: Ich veröffentliche nur dann eine Rezension, wenn ich das Buch meinen Lesern guten Gewissens empfehlen kann. Einen Verriss würde ich nur dann schreiben, wenn der Autor partout auf der Rezension seines Werks besteht.

Wie hältst du es mit dem eBook?

Ich bin ein großer eBook-Fan und besitze mittlerweile ein halbes Dutzend unterschiedlicher Reader (davon allein drei unterschiedliche Kindle-Modelle). Seit der Erfindung der modernen eReader mit E-Ink-Display lese ich deutlich mehr eBooks als gedruckte Bücher. Da ich sehr häufig unterwegs bin, finde ich es sehr praktisch, jederzeit eine ganze Bibliothek in der Jackentasche dabei zu haben.

Auch in der Summe ist mein Buchkonsum durch eBooks nochmal deutlich gestiegen. In meinen Bücherregalen tummeln sich weit über tausend gedruckte Bücher, aber die hat man nun mal nicht immer dabei. Mit meinem Kindle habe ich hingegen jederzeit mehr als genug Lesestoff dabei.

Welche anderen Blogs empfiehlst du (max. 5). Und welcher bibliophile Blogger sollte in dieser Gesprächs-Reihe möglichst auch zu Wort kommen?

Da wären natürlich zunächst mal die äußerst lesenswerten Blogs der beiden Berliner Autoren Marcus Johanus und Axel Hollmann, die in dieser Gesprächsreihe ja schon zu Wort gekommen sind. Empfehlenswert sind auch die Blogs von Matthias Czarnetzki und Kerstin Brömers Literaturjournal – und natürlich (last, not least) das sehr abwechslungsreiche und informative schriftzeit-Blog von Stephan Waldscheidt, den ich als nächsten Interviewpartner vorschlagen möchte.

Danke sehr für diesen tiefen Einblick weit über deine Blogger-Werkstatt hinaus, Richard.

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Zuletzt stellte sich Ada Mitsou mit Ada Mitsou liest… vor. Ihre Wunsch-Interviewpartnerin war die Betreiberin von vorgelesen. – Eine Übersicht, wer bereits alles Rede und Antwort stand und welche Blogs in den jeweiligen Gesprächen empfohlen wurden, findet sich hier

Ein Kommentar zu “Steglitz stellt Richard Norden mit „Writers Workshop“ vor

  1. Pingback: Bibliophile Blogger und deren persönliche Blog-Preziosen im Überblick | SteglitzMind

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