„Was ist ein Buch ohne Leser?“ SteglitzMind fragt bei Enno Arkona nach (Teil 2)

Im ersten Teil unseres Gespräches haben wir über den Stoff, den geschichtlichen Hintergrund gesprochen und was Enno Arkona geritten hat, daraus den historischen Krimi „Die Humanistenverschwörung“ zu stricken. Heute geht es um seine Erfahrungen als Selfpublisher und was ihn bisher davon abgehalten hat, seinen Krimi aktiv zu bewerben.

Ohne die rasanten Entwicklungen im Bereich Selfpublishing wäre Ihr Manuskript womöglich in der Schublade liegengeblieben?

Enno Arkona © Jannette Kneisel

Schwer zu sagen. Für mich war die Entwicklung ein Glücksfall. Die Veränderungen kamen genau zum richtigen Zeitpunkt.

Haben Sie jemals damit geliebäugelt, Ihren historischen Krimi bei einem klassischen Verlag unterzubringen?

Ja, klar. Bei den einschlägigen Agenturen habe ich es ja versucht. Zwei von denen hatten Interesse. Eine hat ein Gutachten erstellt, das war für mich ein echter Meilenstein. Überlange Sätze, zu viel Latein, unwichtige Details über Bücher. Weg mit dem Bildungskram. Stattdessen Nebenfiguren ausbauen, die zu kurz kommen, den Handelsgehilfen, die Großmutter. Es war ein bisschen so, als würden sie mir vorschlagen, es vollständig umzuschreiben und „Die Wanderhumanistin“ zu nennen.

Das haben Sie abgelehnt?

Sagen wir, ich konnte mich nicht entscheiden. Wenn ich hätte sicher sein können, dass das klappt, hätte ich es gemacht. Aber in diesen Dingen gibt es keine Garantie. Selbst mit kompletter Neuausrichtung hätte ich ja noch lange keinen Vertrag in der Tasche gehabt. So hat der Text ein paar Jahre lang in der Schublade gelegen. Als ich ihn dann wieder hervorgeholt habe, 2013, war auf dem Buchmarkt etwas in Bewegung geraten.

Dienstleister für Selbstverleger sind inzwischen zahlreich. Warum haben Sie – vom Korrektorat bis zu Umbruch und Cover – alles in eigene Hände genommen?

Das hatte ich so überhaupt nicht vor. Eigentlich wollte ich alles machen lassen: Korrektorat, Cover, Buchsatz, Ebook-Konvertierung, Website zum Buch. Nur das Lektorat war mir zu teuer, das hätte einige tausend Euro gekostet. Dass ich mich dann Stück für Stück fürs Selbermachen entschieden habe, hatte im Wesentlichen zwei Gründe. Erstens, nicht alle professionellen Dienstleistungen sind tatsächlich gut, selbst wenn sie eine Menge Geld kosten. Eine Erfahrung, die jeder irgendwann mal macht. Ich habe sie beim Cover gemacht. Zweitens: Selbermachen kann ziemlich interessant sein. Es hat mich zum Beispiel sehr interessiert, ein Buch selbst zu setzen. Als Büchermensch lerne ich gerne etwas darüber, wie Bücher hergestellt werden. Das hat auch einfach Spaß gemacht.

Ein Buch zu schreiben ist das Eine; die andere Hürde ist dessen Herstellung. Was hat Sie dabei besonders viel Energie und Zeit gekostet?

das selbstgemachte Cover

Das Cover. Wie schon angedeutet, die erste Version habe ich mir von einem Profi machen lassen. Das Ergebnis hat mir überhaupt nicht gefallen. Also habe ich mich selber drangesetzt. Davon wird aus guten Gründen immer abgeraten. Wenn man nicht gerade Designer ist, sollte man die Finger davon lassen. Ich bin kein Designer. Bei den Motiven konnte ich zwar auf wirklich geniale Vorlagen zurückgreifen, auf Dürers Bilder, und ich habe eine Ewigkeit herumgetüftelt. Meine Ergebnisse waren, naja, ganz nett. Für die erste Version des Buchs war das dann ok. Die war ja praktisch nur im Bekanntenkreis unterwegs. Aber am Ende wollte ich doch lieber ein professionelles Cover haben.

Warum fahren Sie mit E-Book und dem gedruckten Buch zweigleisig?

Warum sollte ich es denn nicht tun? Ich bin froh, dass das inzwischen ohne weiteres möglich ist. Als Leser habe ich auch gern die Wahl. Manchmal kaufe ich sogar beides.

Den Druck hat BoD übernommen. Warum haben Sie sich für diesen Dienstleister entschieden?

Die meisten Anbieter hatte ich nach und nach abgehakt, Create Space, Ruckzuckbuch, Tredition usw. Am Ende waren Epubli und BoD übrig. Epubli wäre mir eigentlich lieber gewesen. Die sind in Berlin ansässig, nicht so groß und unpersönlich wie BoD, und auch die vertragliche Seite fand ich in ein paar Punkten besser. Aber zu dem Zeitpunkt, als ich mich entscheiden musste, konnte Epubli bei Amazon nur als Marketplace-Anbieter auftreten. Sprich: drei Euro Versandkosten zusätzlich zum Ladenpreis, im deutschen Buchhandel ein Unding. Das wollte ich nicht. BoD hatte einfach die Nase vorn, was die Reichweite im Buchhandel anging.

Wie zufrieden sind Sie mit der Zusammenarbeit?

Die ist ok. Letztens hatte ich eine Frage, habe angerufen, eine freundliche Auskunft bekommen und die Sache war geklärt.

Wo sehen Sie Verbesserungsbedarf?

In ein paar Detailfragen. Beispielsweise bei der Limitierung der Seitenzahl auf 700.

Mancher mag sich fragen, warum „Die Humanistenverschwörung“ in zwei Bänden vorliegt …

Dafür gab es mehrere Gründe. Einer war die erwähnte 700-Seiten-Grenze bei BoD. Natürlich hätte ich die 750 Seiten auch auf 700 herunterbrechen können. Aber der Lesekomfort hätte darunter gelitten. Und von wegen Lesekomfort: Einen dickleibigen Roman stundenlang in der Hand halten, das ist doch eine Zumutung. Zwei Bände à 380 Seiten sind sehr viel handlicher.

Krönender Abschluss Ihres Langzeitprojektes war bisher der Druck. Was hält Sie davon ab, den Titel aktiv zu vermarkten?

Die Erfolgsaussichten. Ich bin skeptisch, was die Vermarktungschancen für einen selbstpublizierten historischen Krimi angeht. Wenn ich ein ausgesprochenes Marketing-Talent wäre, dann hätte ich längst losgelegt. Bin ich aber leider nicht.

Leser und Reaktionen würden Sie Ihrem Buch aber dennoch wünschen?

Was ist ein Buch ohne Leser? Natürlich.

Rezensionsexemplare können bei Ihnen angefragt werden?

Natürlich.

Sie führen zum Buch ein Blog. Facebook, Twitter, Instagram, Youtube & Co bespielen Sie nicht. Warum halten Sie sich von diesen Kanälen fern?

Es klingt jetzt vielleicht etwas beckmesserisch, wenn ich darauf hinweise, dass die Website zu meinem Buch kein Blog ist. Aber es gibt da einen Zusammenhang zu Ihrer Frage. Bei statischen Seiten erwartet niemand, dass ich regelmäßig neue Artikel poste. Bei einem Blog schon. Das war mir zu zeitaufwendig, deshalb habe ich die Blogfunktion schon nach wenigen Wochen abgestellt. Der Zeitaufwand ist auch der Hauptgrund dafür, dass ich die Social-Media-Kanäle nicht bediene. Das ist ja kein Selbstläufer. Um da was zu erreichen, hätte ich vor gefühlt zehn Jahren anfangen müssen, Kontakte zu knüpfen. Man muss regelmäßig neuen Content bieten, und natürlich die Kontakte pflegen. Man muss herausfinden, welche Kanäle überhaupt geeignet sind, um die eigene Zielgruppe anzusprechen. Alles keine Dinge, die man mal so nebenbei macht. Um da tatsächlich etwas zu erreichen, muss man sich schon einiges einfallen lassen. Hinzu kommt, dass ich meine Zielgruppe als nicht besonders Facebook-affin eingeschätzt habe. Ich will nicht ausschließen, dass ich mich in diesem Punkt geirrt habe. Aber für mich war die Devise immer: Lieber die Zeit ins Schreiben investieren, das ist nun mal das Wichtigste bei dem Projekt.

Was würden Sie nach Ihren bisherigen Erfahrungen mit dem Langzeitprojekt heute anders angehen?

Ich würde vorsichtiger damit sein, so ein Projekt anzufangen. Ich hatte das ja nicht als Langzeitprojekt geplant. Niemand plant sowas. Vielleicht wäre ein Kurzroman eine gute Idee …

Wo sehen Sie für Selfpublisher die größten Herausforderungen?

Das kann ich nicht so recht verallgemeinern. Die Szene ist zu heterogen. Die wahre Herausforderung ist am Ende dieselbe wie eh und je für alle Autoren: einen guten Text schreiben, den die Leute lesen wollen.

Herzlichen Dank, Enno Arkona. Wünschen wir Ihrer „Humanistenverschwörung“ Leser und Reaktionen; meine Empfehlung haben Sie jedenfalls.

 

 

„Für mein Empfinden werden viele Sachen heute zu schnell geschrieben.“ – SteglitzMind fragt bei Enno Arkona nach

Neulich im Café. Enno Arkona, Historiker und Germanist, hat 20 Jahre an seinem historischen Krimi „Die Humanistenverschwörung“ gearbeitet. Kürzlich ließ er das Buch drucken. Er meint, ein Nischenprodukt. Wir kamen ins Gespräch.

Enno Arkona © Jannette Kneisel

Ihnen ist ein kurzweiliger, äußerst spannender Krimi gelungen, der die Zeit kurz vor der Reformation auf 750 Seiten lebendig werden lässt. Nach Nische klingt das nicht unbedingt…

Freut mich, wenn Sie das so sehen. Mit Nischenprodukt meine ich: Es ist ein historischer Roman, der ein bisschen querliegt zu den Erwartungen ans Genre. Ken-Follett-Fans kommen eher nicht auf ihre Kosten.

Das heißt konkret?

Nehmen wir das erste Kapitel. Die halbe Stadt ist unterwegs zu einem Hinrichtungsspektakel. Ein historischer Roman, der den Erwartungen entspricht, schildert natürlich dieses Spektakel. Mein Roman schildert die Gedanken von jemandem, der sich fragt, ob es die richtige Entscheidung war, zu der Hinrichtung nicht mitzugehen.

Wie besessen muss man sein, um sich 20 Jahre lang in einen Stoff zu verbeißen?

Die Frage würde ich anders stellen. Wie groß muss ein Stoff sein, wenn man sich 20 Jahre lang damit beschäftigt? Meiner war ziemlich groß: die Renaissance. Im Übrigen sind die 20 Jahre eine Übertreibung. Ich habe ja nicht ständig dran gesessen. Einige Jahre hat der Text einfach nur in der Schublade gelegen. Und noch was. Für mein Empfinden werden viele Sachen heute zu schnell geschrieben. Das sage ich als Leser. Dass ein guter Roman Zeit braucht, um zu wachsen, versteht sich doch eigentlich von selbst. Ein Krimi ist etwas extrem Konstruiertes. Als Leser will ich davon nichts merken. Der Plot, die Figuren, die Details, das alles soll gerade nicht konstruiert wirken. Das braucht dann eben seine Zeit. Da können ein paar Jahre zusammenkommen.

Warum mussten Sie ein Buch, besser gesagt: „Die Humanistenverschwörung“ schreiben?

Nürnberg © Enno Arkona

Das ist eine lange Geschichte. Mindestens 40 Jahre … Die Idee habe ich tatsächlich im Frühjahr 97 entwickelt. Damals war ich ein paar Monate arbeitslos. Ich wusste allerdings nicht, dass es nur ein paar Monate sein würden. Da zieht man schon mal Projekte zum Geldverdienen in Erwägung, die nicht wirklich dafür geeignet sind. Immerhin war mir klar, dass man mit einem Buch nur dann Geld verdient, wenn es auch Leute lesen wollen. Also Krimi. Krimi wird immer gelesen. Dass es ein historischer Krimi sein muss, war auch schnell klar. Ich war damals ein Fan der Falco-Romane von Lindsey Davis. Außerdem war Geschichte das Fach, das ich studiert hatte. Als arbeitsloser Mediziner hätte ich mir wahrscheinlich einen Pathologenkrimi ausgedacht.

Wie kamen Sie dann auf die Humanistenverschwörung?

Das war mehr Zufall. Eigentlich hätte mich die Zeit um 1800 mehr interessiert, schon von der Literatur her. Aber ich wollte es systematisch angehen und habe mir für meinen ersten Roman die Zeit um 1500 vorgenommen, Renaissance, Geburt der Neuzeit, Epochenwende. Das Jahr 1515 war dann reine Willkür. Ich habs einfach so entschieden, ohne Genaueres darüber zu wissen, was mich erwartet. Es hätte genauso gut 1516 sein können oder 1512. Andererseits gab es auch ein Element von Planung. Im Studium hatte ich mich ausführlich mit der Reformation beschäftigt, von Luther hatte ich genug. Was mir fehlte, war ein genaueres Bild der Zeit vor 1517. Wie hatte ich mir die Situation in den Jahren unmittelbar vor der Reformation vorzustellen? So bin ich dann mitten in der Humanistenverschwörung gelandet.

Anerkennung und Renommee als Autor – darum geht es Ihnen nicht?

Doch, doch. Aber ich dachte immer, das kommt irgendwann von selbst … Inzwischen habe ich eingesehen, von selbst kommt gar nichts. Schon gar nicht beim Selfpublishing. Um die Frage zu beantworten: Ich weiß nicht, wie wichtig mir das ist, Renommee als Autor. Ich bin immer noch dabei, es herauszufinden.

Lieber Buchhändler als Tuchhändler, denkt sich der Nürnberger Patrizier Jacob Teufel im Jahr 1515 – und bezahlt sein Vorhaben mit dem Leben. Der Mord und dessen Aufklärung sind frei erfunden, alles andere haben Sie akribisch recherchiert. Was reizt Sie an der wahren Geschichte so?

Albrecht Dürer, Melencolia I, 1514 (Detail). Quelle: Wikimedia Commons

Historische Romane leben von Details. Die hätte ich mir niemals alle so schön ausdenken können. Die wahren Geschichten sind einfach unschlagbar. Abgesehen davon habe ich selber am meisten davon gehabt, so viel zu recherchieren, mich in die Dürerforschung einzuarbeiten, in die Nürnberger Stadtgeschichte, in den Reuchlinstreit usw. Das war schon was anderes als im Studium. Eine Art Tiefenbohrung. Irgendwo muss man mal ins Detail gehen.

Sie haben Geschichte und Germanistik studiert. Beste Voraussetzungen, um einen historischen Stoff literarisch zu verarbeiten?

Nicht wirklich. Einen Stoff literarisch verarbeiten, kann sein, dass ein Germanistikstudium da nicht schadet. Aber eine gute Geschichte schreiben, das ist was anderes. Da ist die Germanistik eher hinderlich. Und vom Geschichtsstudium führt auch keine gerade Linie zum historischen Roman. Die Herangehensweise, die man da lernt, Quellenkritik, Hilfswissenschaften, das ist alles nützlich beim Recherchieren. Für das Schreiben eines Romans muss man das hinter sich lassen. Da braucht man anderes Handwerkszeug.

Was machte mehr Arbeit: Figuren zu erfinden, die erfundene Geschichten erleben? Oder die Lebenswelt dieser Figuren möglichst faktentreu zu rekonstruieren?

Beides ähnlich viel, sagen wir: 25 Prozent. Die restlichen 50 Prozent, ich fürchte, die werden gern unterschätzt. Die Arbeit am Text, an der einzelnen Seite, am einzelnen Satz. Das ist die Hauptarbeit.

„Der historische Roman ist erstens ein Roman und zweitens keine Historie“, so Alfred Döblin. Würden Sie dieser Aussage zustimmen?

Ja. Ein historischer Roman ist keine Geschichtsschreibung, er ist ein Roman. Ich würde noch ein bisschen weiter gehen. Ein historischer Roman hat den Vorzug, dass jeder weiß: Dies ist Fiktion. An Geschichtsschreibung geht man anders heran. Das Vertrauen in das, was da vermittelt wird, ist viel zu groß. Einem Sachbuch wird zu schnell geglaubt. Am schlimmsten sind in dieser Hinsicht Biografien. Letztens ist eine über Dürer erschienen, die war mehr Fiktion als mein Roman.

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Im zweiten Teil unseres Gespräches haben wir unter anderem Enno Arkonas bisherigen Erfahrungen als Selfpublisher behandelt und natürlich auch darüber sprechen, was ihn bislang davon abgehalten hat, seinen Krimi aktiv zu bewerben. – Wer mehr über den historischen Hintergrund der „Humanistenverschwörung“ wissen möchte, wird auf der Webseite zum Buch fündig.

„Ich habe viele Fehler gemacht, die meine Leser jetzt nicht mehr machen müssen.“ – Boris Langendorf über „Null Zins? Nein danke!“

Obwohl ich Boris Langendorf seit langem persönlich kenne und schätze, überraschte mich diese Entscheidung: Seinen Ratgeber für Börseneinsteiger „Null Zins? Nein danke!“ publizierte er bei einem BOD-Verlag. Anlass genug, ihm einige Fragen zu stellen.

Auf Ihrer Autorenseite fällt der Satz „etiam si omnes – ego non“ ins Auge. Was verbinden Sie damit?

Das Prinzip, das eigene Denken zu bewahren und nicht einfach im Mainstream mitzuschwimmen.

Als Diplom-Kaufmann und Wirtschaftsjournalist haben Sie sich vier Jahrzehnte für den Buchmarkt stark gemacht. Warum wenden Sie sich mit Ihrem Ratgeber jetzt einer anderen Öffentlichkeit zu?

mit Langendorf im Gespräch © Sabine Münch

mit Langendorf im Gespräch © Sabine Münch

In einem zweiten Leben war und bin ich seit 1987 privater Kleinanleger, und nach dem Verkauf von „Langendorfs Dienst“ habe ich die große Chance gesehen, meine dabei gemachten Erfahrungen anderen zur Verfügung zu stellen. Ich habe viele Fehler gemacht, die meine Leser jetzt nicht mehr machen müssen, und dennoch eine Rendite erzielt, von der das Sparbuch nur träumen kann.

Auf Rendite scharf sein ist ja vielen verdächtig…

Vor dem Hintergrund der sich öffnenden Rentenlücke bei gleichzeitigen Nullzinsen ist die private Absicherung mit rentierlicher Geldanlage für jeden eine brennende Frage, die nicht mit Emotionen zu lösen ist.

Als langjähriger Beobachter und Begleiter der Buchbranche sollte es Ihnen eigentlich leicht gefallen sein, einen klassischen Verlag für Ihre Publikation zu gewinnen?

Nicht wirklich. Die Fachverlage haben alle einen Ratgeber für Börseneinsteiger und wollen ihre etablierten Autoren nicht verärgern (und dabei hatte ich immer gedacht, sie wollten Geld verdienen). Ich habe auch einige Publikumsverlage kontaktiert, aber denen war ein braves Einsteigerbuch, wenn sie sich schon für das Thema Börse hergeben, nicht reißerisch genug. Das Manuskript haben aber alle gelobt.

Was hat Sie schlussendlich bewogen, ein Selfpublisher zu werden?

Ein wesentlicher Vorteil ist die Schnelligkeit. Gerade Informationen zur Geldanlage sind, anders als etwa ein lustiger Roman, leicht verderbliche Ware, und wenn die Arbeit fertig ist, soll sie auch gleich raus und nicht erst bis zum Frühjahrsprogramm warten. Wichtig ist auch, dass ich die Publikation ganz unter der eigenen Kontrolle habe: je nachdem, wie schnell und gut Rückkopplungen aus dem Leserkreis kommen, kann ich jederzeit mit einer Neuauflage reagieren.

Gegen Indie-Autoren bestehen gewisse Vorbehalte. Wie stehen Sie dazu?

Die sind sicher in vielen Fällen berechtigt. In anderen eben nicht. Das ist wie im richtigen Leben.

Dienstleister fürs Selfpublishing gibt es inzwischen reichlich. Warum haben Sie sich für BoD entschieden?

BoD erschien mir vom gesamten Auftreten als seriöser und erfolgversprechender Partner. Dahinter steht Libri, ein vertriebsstarkes Unternehmen, das es bestimmt auch bei meinen nächsten Buchprojekten noch gibt. Und in Gesprächen mit Buchhändlerinnen habe ich festgestellt, dass BoD auch dort einen guten Ruf hat.

Andere Anbieter wie etwa Create Space von Amazon, epubli oder tredition waren für Sie nie eine Option?

Doch, ich habe sie mir auf der Frankfurter Buchmesse alle angesehen. Es gab keinen, den ich für mich ausgeschlossen hätte, aber dann muss man sich auch mal entscheiden.

Welche verlegerischen Dienstleistungen nimmt Ihnen BoD ab?

Produktion, ISBN, Pressemeldung mit Rezensionsversand, Auftritt auf der eigenen Seite. Vieles wie Lektorat, Korrektorat, Covergestaltung ist zubuchbar.

Wie zufrieden sind Sie bisher mit der Zusammenarbeit?

Gut und fair.

Wo sehen Sie Verbesserungsbedarf?

Null ZinsBis jetzt noch nirgends, aber das Buch ist ja erst dieser Tage erschienen. Die Frage kann ich ernsthaft erst beantworten, wenn das Projekt richtig etabliert ist.

Worauf sollte man bei der Zusammenarbeit mit Selfpublishing-Dienstleister besonders Acht geben?

Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells und Vertriebsstärke.

Mit einem E-Book und einem gedruckten Buch fahren Sie zweigleisig. Warum das?

Weshalb sollte ich mit meiner Botschaft nicht alle Lesegewohnheiten und -vorlieben bedienen?

Bekanntlich tut sich der Buchhandel mit Publikationen von Selfpublishern eher schwer… „Langendorfs Dienst“, den Matthias Koeffler im vergangenen Jahr übernommen hat, haben Sie 2002 aus der Taufe gehoben, um den unabhängigen Buchhandel im Wettbewerb zu unterstützen. Dankt Ihnen der Buchhandel das jetzt, indem er „Null Zins? Nein danke!“ ins Sortiment aufnimmt?

Ich erwarte nicht, dass der Buchhandel dies aus Dankbarkeit oder gar aus Mitleid tut, sondern weil „Nullzins? Nein danke!“ ein Problem lösen hilft, das sehr vielen Buchhandelskunden bald unter den Nägeln brennen wird und vielleicht auch dem einen oder anderen Buchhändler selbst. Da erwarte ich aber nicht, dass das Sortiment von selbst darauf kommt, das muss ich kommunizieren.

Ihr Buch ist auch bei Amazon erhältlich…

So spielt das Leben. Das gilt im Übrigen meines Wissens für alle anderen Bücher auch. Ich habe das Buch geschrieben, um die Menschen vor den Zinsfalle zu bewahren und nicht als Aktion gegen Amazon.

Der Zwang zum Selbstmarketing gilt heute für nahezu alle Autoren. Was werden Sie tun, um Ihren Ratgeber für Börseneinsteiger bekannt zu machen?

Die Branchenöffentlichkeit suchen, so oft es geht, und auch die Endkunden. Die so genannten Sozialen Medien bieten dafür heute Möglichkeiten, von denen frühere Autorengenerationen nicht zu träumen wagten. Welche davon die effektivsten sind, das wäre vielleicht auch mal ein interessantes Buchthema.

Es heißt ja, dass der Umstand, dass Autoren nicht mehr auf Verlage angewiesen sind, erhebliche Folgen für den Buchmarkt und -handel haben werden. Wie schätzen Sie die weitere Entwicklung ein?

Diese Frage überzeichnet etwas. Schließlich ist BoD ja auch ein Verlag, dessen Dienste ich gern in Anspruch nehme und die ich keineswegs auch noch selbst leisten will.

Könnte es sein, dass Independent Publikationen den klassischen Gatekeepern à la longue den Rang ablaufen?

Niemals. Es wird sich ein Gleichgewicht einstellen zwischen der Produktion klassischer Verlage und der Produktion marktrelevanter (nur um die geht es) Selfpublisher. Mit sich steigernder Offenheit und Servicebereitschaft gegenüber Autoren können klassische Verlage ihren Marktanteil in diesem neuen Gleichgewichtszustand hoch halten.

Und nun – zur wichtigsten Frage: In Ihrem Ratgeber geben Sie Ihre in fast 30 Jahren gewachsene Erfahrung als Kleinanleger weiter. Gesetzt den Fall, ich hätte 1.000 Euro übrig. Zu welcher Anlage würden Sie mir aktuell raten?

Da kann ich nur raten zu warten, bis Sie die fünf- bis zehnfache Summe übrig haben und dann mit der Investition in drei schön langweilige Qualitätsaktien zu starten.

Danke, Boris Langendorf. Ich erlaube mir, gelegentlich nachzuhaken, wenn sich das Projekt dann etabliert hat.

„Meine Fangemeinde ist ein ganz wichtiger Teil meines Autorendaseins!“ – SteglitzMind fragt bei Jando nach (Teil 2)

Jando, mit dem ich vor gut drei Jahren ein längeres Gespräch für SteglitzMind führen konnte, stand mir abermals Rede und Antwort. Im ersten Teil haben wir über seine künstlerische Entwicklung gesprochen; heute geht es vorrangig um seine Präsenz und Erfahrungen im Netz.

Inzwischen ist es gang und gäbe, dass Autoren in den sozialen Netzwerken, und allen voran bei Facebook, Präsenz zeigen. Du bist quasi ein Pionier, da schon seit 2007 dabei. Wie passt das zusammen – das laute, marktschreierische Netz und deine eher leisen Geschichten und besinnlichen Botschaften?

Jando beim Schreiben © Mandy Vollmer

Jando beim Schreiben © Mandy Vollmer

Ich habe mich von Anfang an als Autor so präsentiert, wie ich bin. Und da ich moderne Märchen mit zeitlosen Botschaften schreibe, stelle ich diese auch so ein. Ich kann mir gut vorstellen, dass viele Fans einfach auf meine Autorenseite gehen, um mal etwas anderes als die lauten, marktschreierischen Postings zu lesen.

Bei deinem Einstieg 2007 hatte Facebook gerade einmal eine Million deutsche Nutzer. Mittlerweile sind es rund 28 Millionen, weltweit knapp 1,4 Milliarden. Hast du mit dieser rasanten Entwicklung gerechnet?

Ja. Nachdem sich Netzwerke wie Schüler VZ, MySpace etc. vom Markt verabschiedeten, war abzusehen, dass Facebook weiter wachsen würde.

War es früher einfacher oder womöglich sogar schwieriger Fans anzusprechen?

Das kann ich schwer beantworten, weil ich meinen Fans nicht anders gegenübertrete als anfangs. Seitdem ich bei Facebook unterwegs bin, versuche ich täglich etwas zu posten. Was ich aber bemerke ist, dass die Fan-Seiten stärker frequentiert werden als das Autoren-Profil. Ich höre zwar immer von einigen selbst ernannten „PR-Profis“ oder „Social-Media-Beratern“, dass es schwierig geworden sein soll, Fans anzusprechen, aber diesen Behauptungen konnte ich noch nie so richtig folgen. Fans kommen zu einem, wenn sie die Person mögen oder die Bücher, die Inhalte der Aussagen etc. Sie entscheiden – niemand anders.

Hast du den Eindruck, dass sich die Kommunikation in den sozialen Netzwerken in den vergangenen Jahren verändert hat?

Klaro. Je mehr Nutzer, desto unterschiedlicher die Menschen und natürlich auch die Kommunikation. Was natürlich auch vielen Randgruppen eine Möglichkeit gibt, ihre Meinung kundzutun. Leider oft sehr sinnfrei.

Du konntest dir eine riesige Fangemeinde aufbauen. Welchen Anteil misst du ihr an deinem Erfolg bei?

Einen großen Anteil! Ohne meine Fans, wäre ich nicht da, wo ich jetzt bin. Sie haben es mir ermöglicht, meinen Traum vom Schreiben zu leben und geben mir positives wie negatives Feedback. Lesen meine Bücher und empfehlen sie weiter. Meine Fangemeinde ist ein ganz wichtiger Teil meines Autorendaseins!

Inwieweit nimmst du bei deinen Projekten auf das Feedback deiner Fans Rücksicht?

Soweit wie möglich. Zum Beispiel bin ich der Bitte einiger Fans nachgekommen, in meinem neuen Buch „Traumflieger“ die Briefe von Lena an Gott aufzunehmen. Diesen Part im Buch habe ich ihnen gewidmet. Ursprünglich waren die Briefe lediglich für mein Blog gedacht.

Wie kommen die Abenteuer von Lena und Lasse, die du in deiner Neuerscheinung „Traumflieger“ erzählst, bei deinen Lesern an?

Gut. Wobei ich sagen muss, dass ich mir mit dem Untertitel „Lena schreibt Briefe an Gott“ nicht unbedingt einen Gefallen getan habe. Manche Leser schrecken bei dem Untertitel zurück, weil sie meinen, sie bekommen ein religiöse Buch vorgesetzt. Zwar wird das Thema durch Lenas Briefe angerissen, aber die eigentliche Geschichte handelt von zwei Kindern und ihren Freunden, die gemeinsam Abenteuer bestehen, um die Welt ein wenig besser zu machen. Sie vor Unheil zu retten…

Stichwort Kollaboration. Für die Hörbuchproduktion des „Traumfliegers“, die Ende September erschienen ist, hast du die Community gebeten, sich mit Songideen einzubringen. Was ist dabei herausgekommen?

Jando, Isgaard mit dem Produzenten Jens Lueck im Studio © Oriana Lai

Jando, Isgaard mit dem Produzenten Jens Lueck im Studio © Oriana Lai

Super Songs wurden eingereicht. Eigentlich hätte man alle Beiträge einspielen müssen. Das ging leider nicht. Ich hatte eine Jury, die aus der Echo- Preisträgerin Isgaard und dem Produzenten Jens Lueck bestand. Da ich kein Musikfachmann bin, lag es auf der Hand, dass sie die Entscheidung treffen. Ihre Wahl fiel auf die zwölfjährige Annika Schröder von den Musical Kids Hamburg, Alaska Shining und Synrix Call. Als ich das fertige Hörbuch hören konnte, war ich begeistert. Auch vom Schauspieler Christopher Groß, der die Geschichte liest. Die Traumflieger sind großartiges Kino für die Ohren geworden.

Die Erkenntnis, dass Bücherblogger wichtige Multiplikatoren sein können, verfestigte sich erst in jüngerer Zeit allgemein. Warum hast du von Anfang an auch auf diese Kanäle gesetzt?

Weil ich meine, dass ein jeder, der Bücher liest, auch die Möglichkeit bekommen sollte, öffentlich darüber zu sprechen und zu schreiben. Jeder hat eine Meinung und warum diese nicht vertreten? Das muss nicht zwingend der studierte Literaturwissenschaftler sein, die „Literaturpäpstin“, der „Literaturpapst“ oder das Feuilleton. Durch Klüngelei werden hier schon genügend Titel hin- und hergeschoben, um ihnen eine noch breitere Aufmerksamkeit zu verschaffen. – Ähnlich verhält es sich auch bei den Preisverleihungen; wobei sich die Buchbranche diesbezüglich nicht von der Musik- und Filmbranche unterscheidet. Es gibt viele Schätze, die keine Chance haben, bekannt zu werden. Buchblogger sind für solche Bücher offener.

Kannst du bestätigen, dass Rezensionen auf Buchblogs den Verkauf befördern. Oder würdest du sagen, dass sie eher dem Bekanntheitsgrad zutragen?

Schwierig zu beantworten, weil ich kein Selfpublisher bin und daher nicht zeitnah auf die Verkaufszahlen zurückgreifen kann. Aber meine Erfahrungen aus den vergangenen Jahren reflektierend, würde ich meinen, dass Buchblogs eher den Bekanntheitsgrad fördern und Rezensionen in den klassischen Medien eher die Verkaufszahlen ansteigen lassen.

Und natürlich die obligatorische Schlussfrage: Hast du neue Buchprojekte in Arbeit?

Japp. Ich habe mich jüngst wieder für einige Zeit auf eine ostfriesische Insel zurückgezogen, um an meinem neuen Buchprojekt zu arbeiten. Verraten möchte ich noch nicht viel. Nur das: es wird wieder ein typisches Jando-Buch sein. Ein modernes Märchen, indem alles möglich ist…

Danke, dass ich nachfragen durfte. Ich melde mich bestimmt einmal wieder bei dir.

„Der Erfolg des Sternenreiters hat mein Leben ein wenig verändert.“ SteglitzMind fragt bei Jando nach

Es ist eine Weile her, dass ich mit Jando ein längeres Gespräch für SteglitzMind führen konnte. Inzwischen hat er sich als Autor etabliert. Anlass genug, ihm abermals einige Fragen zu stellen. Heute unterhalten wir uns über seine künstlerische Entwicklung; der zweite Teil des Gespräches wird sich vorrangig um seine Präsenz und Erfahrungen im Netz drehen.

Als wir vor drei Jahren erstmals miteinander gesprochen haben, hattest du dir gerade die ersten Meriten als Jung-Autor verdient. Wie ist es dir seither persönlich ergangen?

Jando © Mandy Vollmer

Jando © Mandy Vollmer

Danach ist einiges passiert. Privat wie auch beruflich. Der Erfolg des Sternenreiters hat mein Leben ein wenig verändert. Ich habe nun eine gewisse Freiheit, mich neuen, anderen Projekten zu widmen, die vorher nicht möglich gewesen sind. Auch hat sich die Aufmerksamkeit erhöht. Man wird von Lesern, Verlagen, auch der Presse anders wahrgenommen als dies noch vor drei Jahren der Fall war. Im positiven wie auch im negativen Sinn.

Der „Sternenreiter“ war ein Überraschungserfolg; mit inzwischen über 30.000 verkauften Exemplaren ein Bestseller. Kannst du dir erklären, warum das Buch solche Resonanz findet?

Die Frage wird mir oft gestellt und bisher habe ich immer noch keine passende Antwort darauf gefunden. Sicherlich ist es der Protagonist, nämlich der “kleine Junge“ ohne Namen, der dem Erwachsenen Mats die Augen öffnet und ihm aus der Sichtweise eines Kindes zeigt, wie wundervoll das Leben sein kann. Jüngere Leser finden Gefallen an dem manchmal doch naseweisen, aber tiefsinnigen Kind. Die Erwachsenen entdecken sich in Mats wieder. Es ist also vermutlich die Mischung, die das Buch für jede Altersgruppe interessant macht.

Die Geschichte über einen sonderbaren Jungen wurde ja nicht nur ins Koreanische übersetzt, sondern wird auch verfilmt. Wie kam es dazu?

Mein Verlag arbeitet mit der Agentur „Wittmann Agency“ zusammen, die sich um die Lizenzen meiner Bücher kümmert. Daher habe ich als Autor wenig damit zu tun. In Korea erscheint der Sternenreiter mit neuen Illustrationen, die für den asiatischen Markt gezeichnet werden.

Für die Verfilmung lagen mir einige Anfragen vor, doch ich haderte lange damit, die Filmrechte abzugeben. Ich kenne einige Buchverfilmungen, die mit dem Inhalt des Buches fast nichts mehr gemein haben. Mir ist es wichtig, dass die Botschaft des Sternenreiters auch auf die Leinwand projiziert wird und ich mich bei den Charakteren miteinbringen kann. Bei vielen Anfragen war es so, dass ich die Rechte abgebe und dann mit den Film nichts weiterzutun hätte. Das war nicht in meinem Sinn. Als dann die Anfrage von der TV- Produktionsfirma puzzle pictures kam, dass ich am Drehbuch mitschreiben könne, wenn sie die Rechte bekommen, führten wir intensive Gespräche, die mich überzeugt haben.

Du hast das Drehbuch zum Film erarbeitet, der Ende nächsten Jahres in die Kinos kommt. Welche besonderen Herausforderungen stellten sich dir beim Schreiben?

An einem Drehbuch zu schreiben, ist eine ganz andere Form von Schreiben. Da meine Erzählungen den Charakter von modernen Märchen haben, arbeite ich die Figuren nicht immer komplett aus. Beim Drehbuch hatte ich nun die Möglichkeit, die Protagonisten noch weiter auszuschmücken. Die Dialoge sind das „A und O“ beim Drehbuch. Aber auch die jeweiligen Szenen auszuarbeiten, macht unglaublich viel Freude. Mir hat das Drehbuchschreiben richtig viel Spaß gemacht. Vor allen Dingen, weil es sich um das eigene Buch handelte. Ich kann mir aber ebenso gut vorstellen, zeitnah ein neues Drehbuch zu schreiben und daraus ein Buch zu entwickeln.

Dein Erstling „Windträume“ ist 2009 bei einem Kleinverlag erschienen. Die folgenden Titel hast du bei einem Indie-Verlag publiziert, dem du bis heute treu geblieben bist. Warum wechseltest du damals die Fronten?

Sagen wir es mal so: Im Laufe der Zeit hatte ich andere Auffassungen gewonnen, was die Zusammenarbeit betrifft. Ich habe mir angewöhnt, nicht zurückzublicken, sondern möglichst nur nach vorne. Der Blick in den Rückspiegel ist beim Autofahren notwendig, etwa beim Überholen. Ich befinde mich allerdings gerade auf der linken Spur und denke nicht daran, zurückzublicken. Das würde einer Vollbremsung gleichkommen. Erfahrungen sind gut, aus ihnen lerne ich. So war es schon immer und scheint ein Teil meiner Persönlichkeit zu sein. Fronten geklärt.

Mit deinem Erstling hast du Klinken bei vielen Verlagen geputzt. Aufgrund deines Erfolges dürfte sich das Blatt inzwischen gewendet haben und dir Verlage Avancen machen …

Illustration © Antjeca

Illustration © Antjeca

Ja, es ist tatsächlich so, dass Verlage mich mit meinen Büchern gerne in ihrem Programm sähen. Doch ist die Ausgangslage zurzeit eine andere. Meine Titel laufen gut, es gibt weitere Lizenzanfragen aus dem Ausland, sodass ich entspannt die Anfragen und Angebote prüfen kann. Es bestätigt sich nur das, was ich auch schon während meiner Zeit beim Fernsehen beobachten konnte. Aller Anfang ist schwer, doch wenn sich ein kleiner Erfolg einstellt, gibt es viele Interessenten und auch Schulterklopfer. Besonders diejenigen, die am Anfang so derbe lästerten, sind auf einmal „gute Freunde“. Wie oft habe ich diesen Satz schon gehört: „ Toll, wie du deinen Weg verfolgt hast. Ich habe gewusst, du wirst es schaffen.“ Drei Jahre zuvor meinten diese Personen: „ Was für ein Träumer. Der sollte mal im Leben etwas Anständiges machen. Schreiben – brotlose Kunst!“

Ich habe gelernt, dass Leben so zu nehmen, wie es kommt. Mit allen seinen Höhen und Tiefen. Mal schauen, was noch so alles passiert…

Aus welchen Beweggründen würdest du zu einem Publikumsverlag wechseln?

Einzig und alleine, um mich mehr um auf mein Schreiben konzentrieren zu können. Es ist einfach so, dass Publikumsverlage breiter aufgestellt sind als kleinere Verlage. Sprich, sie können dem Autor Arbeit abnehmen, die man teilweise bei einem kleinen Verlag selbst übernehmen muss. Auch die Vernetzung kann von Vorteil sein.

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Zum zweiten Teil des Gespräches geht es hier

„Ich schreibe meinen Autoren nichts vor, vor allem nicht, was oder wie sie zu schreiben haben.“ Ein Gespräch mit Lea Korte über Schreibschulen und Autoren-Coaching

Lea Korte veröffentlicht bei Droemer Knaur historische Romane, Liebesromane beim Aufbau Verlag und unter Pseudonym liegen bei Heyne und Bastei Lübbe Sachbücher und Liebesromane von ihr vor. Seit 2011 bietet die rührige Autorin, die seit Jahrzehnten im Süden lebt, zudem Online-Autorenkurse und ein Manuskriptcoaching an. Beides nahm Gabriele Schmid wahr, mit der ich Gespräche über ihren Weg als Autorin und Eigenverlegerin geführt habe. Darüber kam ich mit Lea Korte in Kontakt, die sich freundlicherweise bereit erklärte, mir im Zusammenhang mit Schreibschulen einige Fragen zu beantworten. – Ich sage Lea Korte herzlich danke, dass sie sich die Zeit genommen hat.

Dem Literaturinstitut in Leipzig und dem Studiengang Kreatives Schreiben in Hildesheim eilt der Ruf voraus, Türöffner für Verlage und den Literaturbetrieb zu sein. Werden Autoren ernster genommen, die spezielle Schulungen durchlaufen haben?

Ja, ich denke schon, dass dies der Fall ist. Wann immer ich mit Agenten oder Lektoren über die Autoren meiner Kurse und deren Werke rede, sehe ich ja auch, auf welch großes Interesse ich stoße. Der Agent oder der Verlagslektor weiß, dass die Projekte, die im Rahmen des Kurses entwickelt wurden, handwerklich einwandfrei und optimiert sind. In der Tat haben ja auch schon einige „meiner“ Autoren den Weg in Publikumsverlage geschafft beziehungsweise einen Agenturvertrag unterschreiben können.

Anfang des Jahres sorgte ein ZEIT-Kommentar von Florian Kessler für Aufregung, in dem auch die Literaturinstitute in Hildesheim und Leipzig ihr Fett abbekamen. Wie sehen Sie das: Besteht die Gefahr, dass Schreibschulen uniforme Literatur produzieren?

Lea Korte © Lea Korte

Lea Korte © Lea Korte

Nein, diese Gefahr sehe ich nicht – und in meinem Kurs schon gar nicht. Ich schreibe meinen Autoren nichts vor, vor allem nicht, was oder wie sie zu schreiben haben. Das Autorenhandwerk, das ich im Kurs vermittele, ist einfach das Rüstzeug, das jeder Autor braucht, wenn er vorankommen will – und das bedeutet nicht, dass man ab da „nach „Regeln schreibt“. In der Tat habe ich derzeit sogar in jedem Kurs einige äußerst „regelwidrige“ Romane, denen ich aber größte Chancen auf dem Buchmarkt einräume, gerade weil sie anders, weil sie originell, weil sie etwas ganz Besonderes sind. Ich helfe Autoren, das Optimum aus IHRER Romanidee zu machen und stelle vor allem Fragen, durch die der Autor selbst den richtigen Weg finden kann, und zwar einen, der dann auch zu ihm passt.

Reicht ein solides literarisches Handwerk tatsächlich aus, um als Autor unter heutigen Bedingungen zu reüssieren?

Nicht allein, denn mindestens ebenso wichtig ist die Romanidee, die Figuren… Beides muss Hand in Hand gehen, und deswegen arbeiten ich im Kurs ja auch auf mehreren Ebenen.

Das „wie erzähle ich?“ mag man lernen können. Aber doch nicht das „was erzähle ich?“. Oder?

Doch, auch das. Ideenfindung gehört zur Arbeit im Kurs. Nicht alle Autoren kommen schon mit einer Romanidee; die, die noch keine haben, finden sie im Kurs. Auch hierfür gibt es durchaus Techniken.

Sie haben selber Schreibkurse belegt; meines Wissens sogar bereits in Ihrer Schulzeit. Wie waren Ihre Erfahrungen?

Ich habe schon in der Schule – was damals sicher der Zeit voraus war – Kurse in „creative writing“ besuchen können, auch später jede Schulungsmöglichkeit wahrgenommen, den ständigen Austausch mit guten Kollegen gesucht und viele, viele Romane analysiert, um zu sehen: Was geht, was nicht? Was zieht den Leser weiter, was wirft ihn raus? Wie baut welcher Autor die Figuren, die Spannung auf? Etc. Und ich habe bei alledem immens viel gelernt – und gebe dieses Wissen heute weiter.

Was hat Sie bewogen, Kurse für Autoren anzubieten?

Je bekannter ich geworden bin, desto öfter habe ich Mails von Autoren mit der Bitte bekommen, mir ihre Texte doch mal „kurz“ anzusehen und eine Einschätzung bzw. „ein paar Tipps“ zu geben. Damit aber ist es in 99% der Fälle nicht getan. Da fehlt Handwerk, die Figurenentwicklung ist nicht hinreichend durchdacht, die Spannungskurve flacht schon nach wenigen Seiten wieder ab, etc. Das alles aber kann man nicht „in drei Worten“ vermitteln. Und da ich, wenn, dann richtig helfen wollte, habe ich diesen Kurs entwickelt.

Sollte man ein gewisses Rüstzeug mitbringen, wenn man sich bei Ihnen fortbilden will?

entführt in phantastische Welten... © Lea Korte

entführt in phantastische Welten… © Lea Korte

Wichtig ist die Liebe zum Schreiben, Ausdauer und Kritikfähigkeit. Wer diese drei Dinge mitbringt, der hat in der Regel alles, was man braucht, um sich weiterentwickeln zu können. Ich sehe ja immer wieder, wie sehr sich die Projekte und Romanszenen der Autoren allein schon in nur drei Monaten weiterentwickeln!

Wie schätzen Sie die Entwicklung ein, dass mit dem Aufkommen des Selfpublishings auch Schreibschulen wie Pilze aus dem Boden wachsen?

Das Problem ist – wie immer -, dass der Autor am Ende vor der Schwierigkeit steht, den richtigen Mentor/Lehrer zu finden. Es gibt sehr gute Mentoren, Coacher, Schreiblehrer, etc. – aber es gibt auch weniger gute, die ihr Handwerk selbst nicht verstehen. Hier die Spreu vom Weizen zu trennen ist für einen Autor, der ja zunächst nur einen Blick von außen auf das werfen kann, was da angeboten wird, sicher nicht einfach.

Worauf sollte man bei der Wahl einer Schreibschule besonders Acht geben?

Die Chemie zwischen dem Autor und seinem Mentor muss stimmen. Die Kursdauer sollte nicht zu kurz angelegt sein, denn Roman und Autor brauchen Zeit, um sich zu entwickeln. Es sollte nicht nur um das Handwerkszeug, das Schreiben an sich gehen, sondern man sollte auch Hilfe bei der Roman- und Figurenentwicklung, dem Plot, dem Exposé, der Leseprobe bekommen. Man sollte einen Probemonat machen können. Wichtig wäre mir als Autor auch der Austausch mit anderen Autoren. Wie ich dies zum Beispiel in meinem (nur für Kursteilnehmer offenstehenden) Autorenforum anbiete und das in sehr großem Umfang genutzt wird.

Sie sind eine eingeführte Autorin, die inzwischen sogar vom Schreiben leben kann. Was raten Sie dem Nachwuchs?

Wichtig ist, so langweilig sich das jetzt auch anhören mag, Disziplin, Ausdauer und Geduld. Ein Roman schreibt sich nicht „in drei Minuten“, der braucht Zeit – auch Zeit zum Atmen, sprich Zeit, in der man ihn mal liegenlässt, damit der Blick für ihn wieder frei wird, man Abstand zu seinem Werk bekommt. Und der andere wichtige Tipp hängt damit direkt zusammen: Ein gutes Buch ist das Ergebnis von vielen, vielen Überarbeitungsschritten. Nur die allerwenigsten Autoren können einen guten Text aus dem Ärmel schütteln. Der „normale“ Autor, und das sind sicher die meisten, braucht dafür viele Überarbeitungsschritte. Ein guter Roman wird seinen Weg gehen, aber bis er gut ist, muss man viel Zeit und Energie reinstecken. Und das Wissen, wie man beim Überarbeiten vorgeht, kann dabei nur nützlich sein.

„Mir imponiert sehr, wie freundlich die Community von LovelyBooks mit Neuautoren umgeht.“ SteglitzMind fragt bei Gabriele Schmid nach

Bei Gabriele Schmid habe ich nachgehakt, weil die Autorin eine erstaunliche Entwicklung nahm, die ohne die Umwälzungen auf dem Buchmarkt so schwerlich möglich gewesen wäre. Der erste Teil unseres Gespräches drehte sich um Schreibschulen und Autoren-Coaching, dann ging es um ihre Erfahrungen als Newcomerin, die den Eigenverlag PCSbooks ins Leben gerufen hat. Heute will ich von ihr wissen, was sie dafür tut, um als Autorin Fuß zu fassen.

Der Zwang zum Selbst-Marketing gilt heute für alle Autoren. Was tun Sie, um Ihre Bücher bekannt zu machen?

Werbung (lacht). Spaß beiseite: Ich versuche regelmäßig jeden zweiten Tag bei Facebook zu posten, halte meine Homepage so aktuell wie möglich und habe seit neuestem einen Blog, der aber erst noch seine Anhänger finden muss. Ansonsten versuche ich bei Veranstaltungen in meiner Heimatgemeinde präsent zu sein. Zum Beispiel darf ich am kommenden Freitag, den 11. Juli, gemeinsam mit Joanne St. Lucas zum zweiten Mal im Froggy in Münchingen lesen. Eine weitere Lesung bei den Landfrauen in Münchingen ist bereits für Dezember geplant.

Welche Aktivitäten kamen besonders gut an?

Lesung im Froggy © Nicole Geck

Lesung im Froggy © OOOGrafik

Die Lesungen sind gut besucht. Wobei wir hier nur von kleinen Veranstaltungen sprechen, nicht von Sälen, die ich fülle. Aber die Resonanz ist toll.

Und was floppte?

Erfolglos waren meine Bemühungen, bei einer der regionalen Zeitungen einen Bericht über mich und meine Bücher unterzubringen. Da kam nicht einmal eine Rückmeldung.

Im Social Web setzen Sie auf Facebook. Sie pflegen eine Autorenseite, eine PCSbooks-Seite und für Ihre Publikationen Fanseiten. Was versprechen Sie sich von den unterschiedlichen Auftritten?

Anfangs schwebte mir vor, mit meiner Fanseite für „Gleichklang“ auch Menschen erreichen zu können, die mit Hämophilie irgendwie verbunden sind.

Der Bluterkrankheit ihres Sohnes, die im Roman ja auch eine Rolle spielt…

Ja. Leider ist mir das bisher nicht gelungen. Gleiches gilt für meine Kurzromane, die im fiktiven Örtchen Mittsingen spielen. Auch hierfür hätte ich gerne eine eigene kleine Fangemeinde gewonnen. Letztlich ist es aber so, dass immer dieselben Leute meine Seiten besuchen. Das meiste läuft wohl über meine eigene Chronik, die ich ursprünglich gar nicht pflegen wollte und anfangs dementsprechend vernachlässigt habe.

Was kommt bei Facebook besser an: Ihre Autorenpräsenz oder die Fanseiten?

Meine Autorenpräsenz, obwohl ich alle meine Seiten gezielt bespiele.

Worauf achten Sie bei Ihrer Kommunikation im Web besonders?

Das Privatleben bleibt außen vor. Fotos nur von mir, keine von meiner Familie. Das ist absolut tabu!

Wo verorten Sie im Social Web besondere Risiken?

Das „Ausgeliefert-Sein“ fürchte ich am meisten. Man hört ja immer wieder von verbalen Angriffen. Menschen, die einem nicht wohlgesonnen sind, oder Neider. Das lässt sich im Netz schon gar nicht steuern.

Marketing übers Pricing ist im Selfpublishing-Bereich eine gängige Methode, um Publikationen „an den Mann“ zu bringen. Anfang Mai lief eine Preisaktion für die E-Bookversion von „Gleichklang“, Mitte Juni gab es eine Mittsingen-Sonder-E-Book-Edition für 0,99 Cent. Rechnen sich solche Aktionen?

Auf jeden Fall! Die Verkaufszahlen sprechen für sich. Durch die vermehrten Verkäufe rutscht man im Ranking nach oben und man ist in den Bestenlisten präsenter.

Was halten Sie von Kostenlos-Aktionen?

Davon halte ich gar nichts. Es ist harte Arbeit, ein gutes Buch zu schreiben und herauszubringen. Das kann es nicht für umsonst geben.

Es hat sich inzwischen eingebürgert, Testleser ins Boot zu holen…

der Stadtplan  © PCSbooks

der Stadtplan © PCSbooks

Das halte ich ebenso. Sobald ein Manuskript erstmals lesereif ist, geht es an mindestens fünf Testleser, die nur lesen. Obwohl es keine Profis sind, kommen von ihnen wertvolle Rückmeldungen, die in meine Überarbeitungen einfließen. Und sie haben tolle Ideen. Als ich die Mittsingen-Reihe „Aus Träumen werden Geschichten“ entwickelte, machte eine Testleserin zum Beispiel den famosen Vorschlag, dass ich eine Karte von Mittsingen entwerfen sollte. Gesagt – getan. Mithilfe eines jungen Bekannten entstand der Stadtplan von Mittsingen, der von Band zu Band ergänzt wird.

Wie rekrutieren Sie Ihre Testleser?

Die Ersten habe ich direkt angesprochen. Inzwischen kommen Menschen auf mich zu, um sich als Testleser anzubieten.

Was hat ein Testleser davon, wenn er Ihre Manuskripte kritisch unter die Lupe nimmt?

Spaß (lacht). Nach Erscheinen erhält jeder ein handsigniertes Exemplar des entsprechenden Buches.

Leserunden bei der Holtzbrinck-Community LovelyBooks sind bei Autoren und Lesern ausgesprochen beliebt. Wie waren Ihre Erfahrungen, als Sie „Gleichklang“ und die Mittsingen-Kurzromane auf Deutschlands beliebtester Social-Reading-Plattform vorgestellt haben?

Zunächst war ich sehr überrascht, dass so viele meinen Debütroman lesen wollten. Es kam zu einer regelrechten Rangelei um die Freiexemplare von „Gleichklang“. Riesig gefreut habe ich mich über die durchweg positiven Rezensionen und schließlich auch darüber, dass die ersten beiden Bände meiner Mittsingen-Kurzromanreihe „Herbststürme“ und „Sternschnuppen-Regen“ ebenso gut aufgenommen wurden wie der Liebesroman „Gleichklang“. Mir imponiert sehr, wie freundlich die Community von LovelyBooks mit Neuautoren umgeht und vor allem wie ausgereift und detailliert die einzelnen Rezensionen sind. Man erkennt auf Anhieb, dass die Leser nicht nur eine starke Affinität zu Büchern, sondern auch Ahnung davon haben.

Es gibt aber sehr wohl auch schwarze Schafe…

Ja, leider gibt es die auch, die Bücher zwar kassieren, aber nie eine Rückmeldung oder Rezension posten. Ich achte inzwischen sehr sorgfältig darauf, ob die jeweiligen Interessenten auch Rezensionen anfertigen. Sollte dem nicht so sein, fällt die betreffende Person aus meinem Lostopf raus.

Haben Sie infolge der Leserunde auch Bücher verkauft?

Bezüglich „Gleichklang“ kann ich darauf leider keine Antwort geben, da ich die Verkaufszahlen bislang nicht kenne. Was meine Kurzromane anbetrifft, sind in diesem Zeitraum kaum mehr verkauft worden. Was die Verkaufszahlen generell anbetrifft, da beobachte ich ein Phänomen: Geht ein Buch weg, dann folgen in den nächsten Tagen viele nach. Geht ein paar Tage nichts, dann steigt der Verkauf prompt wieder an, wenn das Erste gekauft wurde. Die Verkaufszahlen, meine Mittsingen-Reihe betreffend, kann ich schmunzelnd als Wellenbewegungen bezeichnen. Aber, damit kein falscher Eindruck entsteht: Ich bin hoch zufrieden!

 Vielfach wird ja behauptet, dass die Beschäftigung mit Büchern im Internet substanzlos ist. Bücher werden gelikt, gerankt oder allenfalls in stümperhaften Rezensionen wiedergegeben, die vielfach nicht mehr sind als der Klappentext. Wie sehen Sie das?

Meine Erfahrungen mit der Community von LovelyBooks bestätigen das nicht. Die Rezensionen zu meinen Büchern sind allesamt detailliert und urteilssicher. Ich habe auch nicht den Eindruck, dass abgeschrieben wird. Auch nicht von einander. Zu meinen Leserunden, die durchweg gut besucht waren, wurden ebenfalls kompetente Beiträge beigesteuert.

Herzlichen Dank, dass Sie mir so ausführlich Rede und Antwort standen. Viel Erfolg mit PCSbooks und Glück auf bei den Projekten, die Sie derzeit gemeinsam mit Ulrike Dietmann und Lea Korte angehen.

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In der losen Interview-Reihe “Steglitz fragt … bei Autoren nach” standen bereits Rede und Antwort:  Jando, Petra van Cronenburg, Petra Röder, Nicole Sowade aka Miss Januar, Jan-Uwe Fitz aka Vergraemer, die Sachbuch-Autorin Sonya Winterberg, der Berner Shooting-Star Patric Marino, Wilhelm Ruprecht Frieling, im Social Web als Prinz Rupi bekannt, der Selfpublisher Michael Meisheit und der Lyriker Jost Renner. –  Stets geht es darum, wie die befragten Autoren die Entwicklungen infolge der Digitalisierung einschätzen, welche neuen Wege sie nutzen und wo sie Chancen und Risiken sehen.

„Als Selbstpublisher steht man unter scharfer Beobachtung.“ SteglitzMind fragt bei Gabriele Schmid nach

Bei Gabriele Schmid hakte ich nach, weil die Autorin eine erstaunliche Entwicklung nahm, die ohne die Umwälzungen auf dem Buchmarkt so schwerlich möglich gewesen wäre. Der erste Teil unseres Gespräches drehte sich um Schreibschulen und Autoren-Coaching. Heute geht es um ihre Erfahrungen als Newcomerin und den Eigenverlag PCSbooks.

Ursprünglich hatten Sie geplant, ihre Romanserie rund um eine Freiburger Privatklinik an einen Verlag oder Agenten zu bringen. Wie waren Ihre diesbezüglichen Erfahrungen?

(lacht) Damals war ich überzeugt, den Bestseller schlechthin geschrieben zu haben. Sofern überhaupt eine Reaktion kam, hagelte es Absage über Absage. Tatsache war, die Freiburg-Reihe kam bei Verlagen nicht an. Keiner fragte nach einem kompletten Manuskript. Geurteilt wurde aufgrund des Exposés und der Leseprobe von 30 Seiten.

Dank dem mobilen Lesen sind Kurzromane und Serien stark im Kommen, Verlage verlieren ihre Berührungsängste vor kurzen Texten. Meinen Sie, Ihre Chancen stünden heute besser?

Das glaube ich eher nicht. Selbst gestandene DeLiA-Autorinnen…

DeLiA, die Vereinigung deutschsprachiger Liebesroman-Autoren und Autorinnen, der Sie angehören…

Genau. Selbst Mitglieder aus diesem Kreis, die bei namhaften Verlagen unter Vertrag stehen, haben sich entschieden, ihre Kurzromane in Eigenregie herauszubringen. Sofern sie es nicht schon längst tun. Es gibt verschwindend wenig Romanliteratur in den Buchhandlungen, die unter 200 Seiten aufweisen. Aber: man soll nie „Nie“ sagen. Womöglich ändert sich das ja noch.

Wo kommt ihr Faible für Serien her?

Ohje, da muss ich weit ausholen. Ich bin weniger die architektonisch, planende Autorin als vielmehr eine, die aus dem Bauch heraus schreibt. Wenn ich die Geschichte einer Protagonistin beginne, dann lasse ich mich dabei auf ganz viele Überraschungen ein. Jede Figur hat ein Umfeld, das einfach da ist, mit ihr lebt. Mir offenbart sich das beim Schreiben erst nach und nach. (Lacht) Oft vermag ich es auch gar nicht zu ändern, aber immerhin darf ich zumindest Regie führen. Es passiert mir immer wieder, dass sich das Umfeld auf seine eigene Weise verselbständigt. Es drängt sich in den Vordergrund. Will seine eigene Geschichte erzählen, die aber so gar nicht in meinen geplanten Plot passt.

Mögen Sie das an einem Beispiel konkretisieren?

Das erging mit bereits bei meinem allerersten Roman um die Freiburger Klinik so. Als ich die Geschichte von Doktor Katja Thalbach niederschrieb, verselbstständigte sich deren beste Freundin. Sie wollte mir ihre Geschichte ebenfalls erzählen. Also machte ich mich an den zweiten Band, sprich an die Geschichte von Viktoria Karl. Wie aus dem Nichts tauchte beim Schreiben noch dazu eine komplette Familie auf, die mir ebenfalls nicht mehr aus dem Kopf ging. Im Lauf der Zeit entwickelte sich aus meinem Freiburg-Roman eine Reihe mit sechs Bänden, die jeweils etwa 400 Manuskript-Seiten stark sind.

Wie kamen Sie auf die Idee, Kurzromane zu schreiben?

Band 1 der Kurzroman-Serie

Band 1 der Kurzroman-Serie „Aus Träumen werden Geschichten“

Ähnlich wie sich meine Serien ergeben, ist es mir auch mit den Kurzromanen ergangen. Den ersten beiden Bänden der Kurzroman-Reihe „Aus Träume werden Geschichten“ liegen zwei voneinander unabhängige Geschichten zugrunde, die für einen Schreibwettbewerb im Winter 2012 entstanden sind. Ich war nicht wirklich zufrieden damit. Pias Geschichte – auf 30 Seiten gepresst – wollte länger erzählt sein. Obwohl ich damals mit der Überarbeitung von „Gleichklang“ beschäftigt war, setzte ich mich hin und schrieb. Rund 140 Seiten. Dabei gewann Pia eine Freundin: Lexi. Hups, dachte ich mir – schon wieder eine Fortsetzung. Und dann begannen die Ideen nur so zu sprudeln. Inzwischen habe ich Fährten für etwa acht Bände gelegt.

Ihr Debüt „Gleichklang“ ist bei spiritbooks erschienen. Was hat Sie bewogen, Ihre Kurzroman-Serie „Aus Träumen werden Geschichten“ im Eigenverlag herauszubringen?

Nach den Erfahrungen mit der Freiburg-Reihe war mir klar, dass kein Verlag der Welt ein so „schmales Werk“ drucken würde. Und da ich von Haus aus sowieso der Typ „Selbst-ist-die-Frau“ bin, dachte ich mir, probiere es selbst. Ich bin gut darin, mich zu organisieren. Hier kommt mir höchstwahrscheinlich die logische Denke der Datenbank-Ingenieurin zugute, die mich ständig zwingt, alles Wichtige im Auge zu haben und dann sukzessive abzuarbeiten. Und: ich kann die Arme hochkrempeln und mich in eine neue Aufgabe stürzen. – Dadurch fällt auch Unbekanntes leichter und macht mehr Freude.

Wie ist Ihr Label “PCSbooks – Plots . Characters . Scripts” entstanden; was steckt dahinter?

Das waren zum einen rein pragmatische Gründe. Die Domain pcs-schmid.de existierte noch aus den Zeiten, als ich während meiner Elternzeit einen kleinen PC-Service betrieben habe. Ich wollte diese Domain nicht ändern und suchte nach einer Lösung. Die ließ sich dann recht schnell finden: Plots-Characters-Scripts. Da ich alles professionell aufziehen wollte, holte ich mir von einer Spezialistin Unterstützung. Die Web-Präsenz, das Logo und alle meine Cover stammen von  Corina Witte-Pflanz. Ich bin über die Zusammenarbeit mir ihr sehr glücklich. Wir verstehen uns nahezu ohne Worte.

Warum fahren Sie mit Print und E-Book zweigleisig?

Nichts kann jemals das Gefühl und den Geruch von Papier ersetzen. Alt oder neu, jedes gedruckte Buch ist ein Kunstwerk. Erfahrungsgemäß gehen die E-Books von Selfpublishern allerdings besser. Daher wollte ich beides anbieten.

Meinen Sie, dass dem E-Book die Zukunft gehört?

Ich bin da sehr zweigespalten. Inzwischen nutze auch ich ein Lesegerät, allerdings eher im Urlaub oder für Bücher, bei denen ich ahne, dass ich sie nur ein einziges Mal lesen werde. Hat mich mein Bauchgefühl betrogen und mir das Buch trotzdem gefallen, dann kaufe ich auch die gebundene Ausgabe. Ich bin altmodisch.

Sie arbeiten mit tredition zusammen. Warum haben Sie sich für diesen Dienstleister entschieden?

Ich habe mich in der einschlägigen Fachpresse kundig gemacht und kannte die Druckqualität von den Büchern her, die Ulrike Dietmann für spiritbooks bei tredition verlegt hat. Außerdem habe ich auf der Frankfurter Buchmesse ausführliche Gespräche mit den Verantwortlichen geführt. Überzeugt hat mich Anna Fleck, die bei tredition u.a. für die Kundenbetreuung zuständig ist. Schlussendlich war aber die Qualität der Bücher entscheidend.

Waren andere Anbieter wie etwa Create Space von Amazon, BoD oder epubli für Sie nie eine Option?

Anfangs habe ich noch mit dem Gedanken gespielt, die E-Books in Eigenregie bei Amazon zu veröffentlichen. Davon bin ich aber wieder abgekommen, weil tredition alle Formate und den globalen Handel bedient.

Welche verlegerischen Dienstleistungen nimmt Ihnen tredition ab?

(lacht) Den Buchdruck. Außerdem geht von tredition eine Pressemitteilung an den kompletten deutschen Buchhandel und sie machen Werbung für meine Titel auf ihren Seiten. Und nicht zuletzt übernehmen sie die Umwandlung der E-Books in alle gängigen Formate.

Wie zufrieden sind Sie mit der Zusammenarbeit?

Sehr zufrieden! Fragen werden sofort, nahezu postwendend beantwortet. Ich habe einen direkten Ansprechpartner. Fehler, so sie denn passieren, werden sofort ausgemerzt. Und sie unterstützen mein Buch-Marketing; etwa dadurch, dass sie meine Aktionen auf ihrem Facebook-Profil teilen.

Wo sehen Sie Verbesserungsbedarf?

das Logo

das Logo

Für meine E-Books würde ich über tredition gerne kleinere, kurzfristige Marketingaktionen initiieren können. Die Erfahrung hat gezeigt, dass der Absatz dadurch anzieht. Außerdem würde ich mir wünschen, den Buchpreis flexibler gestalten zu können. Die Fixkosten sind relativ hoch. So man mit seinen Büchern etwas verdienen möchte, wird man nie mit den Preisen mithalten können, die für ein „normales“ Taschenbuch in der Seitenstärke meiner Kurzromane verlangt werden. Für ein Buch mit 220 Seiten 12,99 Euro haben zu wollen, halte ich für grenzwertig. Das überlege ich mir doch drei Mal, ob ich so viel dafür ausgeben möchte. Im Selfpublisher-Bereich liegt die Hemmschwelle – kaufe ich, kaufe ich nicht? – meines Erachtens bei zehn Euro.

Viel hängen bleibt da wohl nicht?

(lacht) An „Herbststürme“ – Band 1 meiner Kurzroman-Reihe „Aus Träumen werden Geschichten“, der den Leser 8,99 Euro kostet – verdiene ich 25 Cent pro gedrucktes Buch. Da muss ich schon sehr viele Exemplare verkaufen, um davon leben zu können.

Rechnet sich die Zusammenarbeit mit tredition für Sie dennoch?

Bisher rechnet es sich tatsächlich. Nehme ich 50 Bücher ab, dann fallen für die Veröffentlichung keine Kosten an.

Worauf sollte man bei der Zusammenarbeit mit BOD-Verlagen besonders Acht geben?

Die Qualität der Bücher (Einband, Layout, Stärke des Papiers) muss stimmen. Die Software zum Einstellen der Bücher muss bedienerfreundlich sein. Der Autorenvertrag muss der Norm entsprechen.

Was würden Sie nach Ihren bisherigen Erfahrungen als Selfpublisherin heute anders machen?

Eigentlich nichts. Ich genieße es, für meine Cover und das Layout mitverantwortlich zu sein und scheue auch die viele zusätzliche Arbeit nicht, die neben dem Schreiben anfällt.

Wo sehen Sie für Selfpublisher die größten Herausforderungen?

Kontrolle muss sein! Als Selbstpublisher steht man unter scharfer Beobachtung. Fehler können einem gleich beim ersten Buch das Genick brechen. Schon von daher ist ein Lektorat meines Erachtens zwingend notwendig. Ein Blick zu viel, schadet nie. Es ist ein Haufen Arbeit, aber es macht unheimlich Spaß und Freude. Allemal, wenn man dann endlich – nach der vielen Plackerei – sein fertiges Werk in Händen hält.

Was sollte sich ein Selbstverleger abschminken?

Reich zu werden und einen Spiegel-Bestseller-Rang zu ergattern.

Im Buchhandel tun sich Publikationen von Selfpublishern bekanntlich schwer. Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?

Sonderedition der Kurzroman-Reihe

Sonderedition der Kurzroman-Reihe

Ich kam mir schlichtweg vor, als würde ich saure Äpfel anbieten. Abgesehen von zwei Buchhandlungen zeigte im gesamten Umkreis meiner Heimatstadt keiner Interesse, meine Bücher auszulegen. Bei meinen Besuchen in den Buchläden musste ich vielfach abfällige Bemerkungen einstecken wie: „Scheiben kann heutzutage jeder.“ „Wir nehmen nur Spitzenautoren.“ Das habe ich genau acht Mal persönlich versucht, danach via E-Mail. Inzwischen denke ich mir meinen Teil. In meinem Heimatort liegen meine Titel bei Wunderkind & Naseweis aus. Die Buchhandlung One im Nachbarort Gerlingen unterstützt mich ebenfalls.

Wie sehen Sie das: Krempelt Selfpublishing den Buchmarkt um?

Vermutlich schon. Allerdings müssen wir erst einmal abwarten, was noch so alles kommt. Verlage setzen inzwischen auch auf das Pferd, Amazon steht im Kreuzfeuer der Kritik, der Buchmarkt unter Druck. Es bleibt spannend.

Gesetzt den Fall, dass Ihnen ein eingeführter Publikumsverlag ein Angebot unterbreitet. Würden Sie sich darauf einlassen?

Eine sehr schwierige Frage. Ich weiß es nicht. Ich fühle mich bei spiritbooks mit den großen Romanen und bei tredition in Eigenregie sehr gut aufgehoben. Würde ein Publikumsverlag bei mir anklopfen, dann müsste ich schwer mit mir kämpfen. Eigentlich eher nein! Beziehungsweise allenfalls dann, wenn ich ein Mitspracherecht beim Layout, der Covergestaltung und der Titelei hätte. – Das käme dann wohl einer Sensation, bestenfalls sogar einer kleinen Revolution gleich(lacht). Spaß beiseite: Mir ist sehr daran gelegen, dass Inhalt-Titel-Layout eine Einheit bilden. Dafür stehe ich als Autorin gerade, das ist mein Markenzeichen.

Was planen Sie in naher Zukunft?

Im Eigenverlag werden Fortsetzungen meiner Kurzroman-Reihe „Aus Träumen werden Geschichten“ erscheinen; Band 3 „Hitzeschlag“ spätestens Ende des Jahres. Gemeinsam mit Lea Korte feile ich derzeit an meiner Serie rund um die Kriminalkommissarin Sina Roth. Außerdem sieht Ulrike Dietmann vor, mit mir ein neues Projekt anzugehen.

Lassen Sie mich wissen, um was es geht?

Ich verrate sicher nicht zu viel, dass es sich um die Freiburger Reihe handelt, die wird wohl doch noch zum Buch. Insofern von Ulrike Dietmann irgendwann das GO kommt.

Danke für das Gespräch. Die Ideen gehen Ihnen jedenfalls nicht aus…

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Im abschließenden Teil unseres Gespräches möchte ich von Gabriele Schmid wissen, was es alles braucht, um als Autorin Fuß zu fassen.

In der losen Interview-Reihe “Steglitz fragt … bei Autoren nach” standen bereits Rede und Antwort:  Jando, Petra van Cronenburg, Petra Röder, Nicole Sowade aka Miss Januar, Jan-Uwe Fitz aka Vergraemer, die Sachbuch-Autorin Sonya Winterberg, der Berner Shooting-Star Patric Marino, Wilhelm Ruprecht Frieling, im Social Web als Prinz Rupi bekannt, der Selfpublisher Michael Meisheit und der Lyriker Jost Renner. –  Stets geht es darum, wie die befragten Autoren die Entwicklungen infolge der Digitalisierung einschätzen, welche neuen Wege sie nutzen und wo sie Chancen und Risiken sehen.

Der Traum vom eigenen Buch. SteglitzMind fragt bei Gabriele Schmid nach

Gabriele Schmid kontaktierte mich und wir führten diverse Gespräche. Sie schreibt seit ihrer Jugend. Serien, Liebesgeschichten, die allesamt im Süddeutschen spielen, wo sie sich verwurzelt fühlt. 2010 fasst sie den Entschluss, ihr Hobby zu professionalisieren. Sie steckt sich das ehrgeizige Ziel, den ersten Band einer lange gereiften Serie rund um eine Freiburger Privatklinik an einen Verlag bzw. einen Agenten zu bringen. Aber: Es hagelt Ablehnungen.

Gabriele Schmid lässt sich nicht entmutigen. Sie arbeitet an einem neuen Manuskript, absolviert Schreibschulen und lässt sich von erfahrenen Autorinnen coachen. Von Ulrike Dietmann, die an ihrer Pegasus-Schreibschule auch eine zertifizierte Ausbildung zur Roman-Autorin anbietet. Zum ordentlichen Abschluss gehört die Veröffentlichung eines Romans. Und von Lea Korte, die Online-Autorenkurse anbietet. Nun geht es Schlag auf Schlag.

Gabriele Schmid nimmt eine erstaunliche Entwicklung, die ohne die Umwälzungen auf dem Buchmarkt so schwerlich möglich gewesen wäre. Für ihren Traum vom eigenen Buch hängt sie sogar ihren Job als Datenbank-Ingenieurin in einer renommierten Stuttgarter Anwaltskanzlei an den Nagel. Die Ausbildung an der Pegasus-Schreibschule endet im November 2013 mit ihrem Romandebüt Gleichklang – eine turbulente Liebesgeschichte, in die Gabriele Schmid ihre Alltagserfahrungen mit ihrem hämophilen Sohn einfließen ließ. Der Roman erscheint als E-Book und gedruckt bei spiritbooks. Und noch ein Wunsch erfüllt sich: Vom Erlös eines jeden verkauften Buches fließt jeweils ein Euro an die Deutsche Hämophiliegesellschaft.

Wenige Wochen nach Erscheinen ihres Erstlings legt Gabriele Schmid im Eigenverlag nach. Unter dem Label PCSbooks (Plots. Characters.Scripts) erscheinen in kurzen Abständen die ersten beiden Bände ihrer Kurzromanreihe Aus Träumen werden Geschichten, deren Plots in Mittsingen spielen, einem fiktiven Ort in Baden-Württemberg. In Vorbereitung ist Band 3 „Hitzeschlacht“. Außerdem feilt Gabriele Schmid derzeit gemeinsam mit Lea Korte an einer Serie rund um die Kriminalkommissarin Sina Roth.

Ich habe bei der umtriebigen Autorin nachgehakt. Im ersten Beitrag geht es heute um Schreibschulen, was sie bringen und worauf man bei der Wahl achten sollte. Unser zweites Gespräch dreht sich um den Selbstverlag PCSbooks und abschließend möchte ich von Gabriele Schmid erfahren, was es alles braucht, um als Autorin Fuß zu fassen.

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Reicht handwerkliches Können aus, um als Autorin zu reüssieren?

Leider nicht. Freilich geht ohne das richtige Rüstzeug gar nichts! Aber selbst wenn man alles tut, um voranzukommen, braucht man auch ein Quäntchen Glück. Auch das Vermögen, sich immer wieder neu zu motivieren, darf nicht fehlen. Und vor allem braucht es das nötige Selbstvertrauen und nicht zuletzt der Glaube an sich selbst.

Gabriele Schmid  © Nicole Geck

Gabriele Schmid © Nicole Geck

Warum haben Sie sich für die Pegasus-Schreibschule von Ulrike Dietmann entschieden?

Aus ganz pragmatischen Gründen: Aufgrund von Patricks Krankheit…

Ihr Sohn leidet unter Hämophilie A, einer angeborenen Bluterkrankheit. Selbst geringfügige Verletzungen können zu lang anhaltenden, starken Blutungen und später zu irreparablen Folgeschäden führen.

Genau. Erfahrungen, die ja auch in meinen Roman Gleichklang eingeflossen sind. Aufgrund seiner Erkrankung wollte ich nicht allzu weite Entfernungen in Kauf nehmen. So habe ich mich hauptsächlich nach Schulungsmöglichkeiten im Stuttgarter Raum umgesehen und bin – mehr durch Zufall – auf die Pegasus-Schreibschule gestoßen. Die Webpräsenz sprach mich sofort an. Super, dachte ich, gleich um die Ecke! Noch am selben Tag habe ich Kontakt mit Ulrike Dietmann aufgenommen, die sich dann auch sogleich mit mir in Verbindung setzte.

 Was bietet die Pegasus-Schreibschule?

Ulrike Dietmann bietet zweitägige Schulungen unter anderem in Zusammenarbeit mit Schreibfluss von Jurenka Jurk, die mehr in die spirituelle Richtung gehen, das notwenige Rüstzeug wie Heldenreise, Plottrainung usw. allerdings nie außer Acht lassen. Trotz der Tatsache, dass nur sechs Teilnehmer pro Kurs angenommen werden und auf jeden Einzelnen persönlich eingegangen wird, können zweitägige Schulungen natürlich nur an der Oberfläche der einzelnen Schreibvorhaben kratzen. Vertieft werden die Projekte dann in einer engeren Zusammenarbeit, dem Coaching. Hier wird die Theorie, die man sich in den Schulungen angeeignet hat, in der Praxis umgesetzt, das heißt konkret: an den jeweiligen Romanvorhaben.

Wie viele Schulungen muss man durchlaufen, um beim Coaching teilnehmen zu können. Und: Was kostet mich das?

Das läuft unabhängig von einander. Die Schulungen kosten jeweils 300 Euro, das Coaching wiederum wird nach einem Stundensatz abgerechnet. Man muss die Ausbildung nicht komplett absolvieren. Ich habe inzwischen einige Autoren kennengelernt, die gar nicht das Ziel verfolgen, einen Abschluss zu machen. Sie wollen sich lediglich inspirieren lassen.

Die Pegasus-Schreibschule bietet auch eine zertifizierte Ausbildung zum Romanautor an. Was zeichnet eine zertifizierte Romanautorin aus?

Das beschreibt Ulrike Dietmann so:

Eine zertifizierte Romanautorin kann

  • professionell lektorierte Prosa schreiben
  • weiß, wie Spannung in einer Geschichte und in einer einzelnen Szene entsteht
  • kann eine Vielfalt von Gefühlen authentisch ausdrücken
  • kann lebendige Figuren schreiben und mit Worten eine eigene Wirklichkeit entstehen lassen, die den Leser in ihren Bann zieht

Und schließlich gehört auch das dazu: Sie bringt ein Projekt zu Ende, und zwar bis hin zur Veröffentlichung.

Meinen Sie, dass ihr Debüt „Gleichklang“ ohne Schulungen und Schreibcoaching jemals Druckreife angenommen hätte?

Ich denke, irgendwann vermutlich schon – allerdings bestimmt nicht in dieser Qualität und schon gar nicht in dieser kurzen Zeit. Gemeinsam mit Ulrike Dietmann habe ich Teile gestrichen, die überflüssig waren und andere Teile dafür ausgebaut, die bisher brachlagen. Dies zu erkennen, dazu fehlte mir damals noch das Knowhow.

War der kasus knaxus etwa ein anderer Blick auf das Manuskript, den Ulrike Dietmann erst möglich machte?

das Debüt bei spiritbooks

das Debüt bei spiritbooks

Schwierige Frage. Eigentlich hat sie nur die Schwachstellen erkannt und mir diese aufgezeigt. Richtig kritisiert hat sie nie. Wir haben viel miteinander telefoniert. Ich habe danach umgeschrieben und wir haben die entsprechenden Passagen abermals besprochen. Manches habe ich danach wieder geändert.

Aber, wenn ich ehrlich bin, habe ich mir ihre Ideen nur angehört und diese dann reifen lassen. Quasi aus dem Bauch heraus entstanden dann Neue. Bei meinem ersten Buch war mir sehr wichtig, dass komplett alles aus mir herausgeflossen ist. Ulrike ließ mir freie Hand. Was auch zeigt, dass sie enormes Vertrauen in mich hatte. Dafür bin ich ihr sehr dankbar – sie wollte mich oder meine Ideen nie verbiegen. Das betraf auch den Titel „Gleichklang“, den ich unbedingt haben wollte. Sie war anfangs nicht glücklich damit, ließ mir aber meinen Willen.

Mit dem Aufkommen des Selfpublishings wachsen Schreibschulen für Jungautoren wie Pilze aus dem Boden; selbst Verlage satteln auf den Trend auf. Worauf sollte man bei der Auswahl besonders Acht geben?

Meines Erachtens ist bereits der erste Eindruck wichtig. Missfällt mir der Internetauftritt oder muss ich lange nach einer Information suchen, dann ist für mich dieses Angebot meist schon gestorben. Vor allem aber, muss man einen Draht zum Dozenten oder der Dozentin aufbauen können. Stimmt die Chemie nicht, wird man keinen Zugang finden.

Das Annehmen von Kritik fällt den meisten Menschen schwer. Wie ist es Ihnen ergangen, als Ihr Manuskript auf dem Prüfstand stand?

Das hat mich selbst überrascht! Ich konnte ganz nüchtern damit umgehen, denn nicht die Buchidee oder der Plot wurden kritisiert, sondern lediglich einzelne Teile daraus. Natürlich war ich von manchen Vorschlägen, die Ulrike gemacht hat, nicht unbedingt begeistert. Aber ich ließ sie mir zumindest durch den Kopf gehen.

Kritik bedeutet ja nicht unbedingt, dass etwas schlecht ist. Mich spornt Kritik an, etwas anschaulicher zu beschreiben oder eine Handlung stimmiger zu formen. Testleser oder etwa das Autoren-Forum, das Lea Korte anbietet, sind wertvolle Hilfen. Im Autoren-Forum kann ich Passagen, die mir besonders gut oder gar nicht gefallen, einstellen und von anderen kommentieren lassen. Dabei mache ich immer wieder die erstaunliche Erfahrung, wie unterschiedlich Menschen ein und dieselbe Situation interpretieren. Als Autorin hilft mir Kritik, besser zu werden – als Mensch kann ich eher weniger gut damit umgehen.

Es heißt ja, Austausch, Inspiration und Kritik – das geht nirgends so intensiv wie an Schreibschulen. Würden Sie dem zustimmen?

Unbedingt. Mit acht weiteren Autoren habe ich Mitte Mai eine Schreibwoche unter der Leitung von Lea Korte in Spanien besucht. So viel konstruktive und faire Kritik wie in diesen Gruppen habe ich in meinem bisherigen Berufsleben nicht erfahren. Neid war hier ein absolutes Fremdwort.

Im Rahmen Ihrer Danksagung an Ulrike Dietmann schreiben Sie: „Hier wusste jemand ganz genau, was es heißt, ständig mit Geschichten im Kopf unterwegs zu sein und nicht zu wissen, wie man sie los wird. Dabei ist es eigentlich ganz einfach: Man schreibt sie nieder, um anderen Menschen eine Freude zu machen. Das Schwierigste dabei ist nicht, dies zu tun, sondern endlich den Mut dazu zu finden, auch darüber zu reden.“ Mögen Sie diese Aussage etwas konkretisieren?

Ich selbst habe nie darüber geredet, dass ich fortwährend Geschichten im Kopf habe oder Stoffe aus Filmen und Büchern weiterspinne. Für mich war es tatsächlich der schwerste Schritt, dafür gerade zu stehen und meiner Familie und meinen Bekannten zu eröffnen, dass ich Bücher schreiben möchte.

 Wie wurde auf Ihr Bekenntnis reagiert?

Überwiegend positiv, was mich immer noch überrascht. Ich hatte mit Erstaunen oder Zweifel gerechnet.

Ihren Erstling „Gleichklang“ publizierte Ihre Mentorin Ulrike Dietmann in ihrem eigenen Verlag spiritbooks. Wie kam es zu der Entscheidung?

Nach Abschluss der Manuskriptarbeiten kam von Ulrike Dietmann ein klares GO mit zwei Optionen: Entweder erarbeiten wir gemeinsam ein hieb- und stichfestes Exposé nebst Anschreiben für Verlage und Agenten. Oder eben das Angebot, in ihrem Verlag – mit weniger Vergünstigungen – zu veröffentlichen. Für mich fiel die Entscheidung innerhalb weniger Sekunden.

Was bedeutet: mit weniger Vergünstigungen?

Kein Vorschuss, lediglich eine Umsatzbeteiligung, kein breites Marketing. Dafür muss der Autor seinen Teil tun. Wobei: das ist inzwischen ja gängig, dass Autoren das in die eigene Hand nehmen müssen.

Sie haben außerdem Onlinekurse absolviert, die Lea Korte Autoren anbietet…

Spontane Kaffeeidee – ich las von den Online-Autorenkursen und dachte mir, das packe ich obendrauf, dann wird das rund.

 Inwiefern unterscheiden sich die Angebote von Dietmann und Korte?

Lea Korte steigt noch tiefer in die jeweiligen Schreibprojekte ihrer Teilnehmer ein. Die Skripte sind ausführlicher und mit vielen, vielen Beispielen unterlegt. Jeder Einzelne arbeitet gezielt an seinem Romanprojekt, das anfangs sowohl Lea Korte wie der Gruppe vorgestellt wird. Pro Monat sind zwei Lektionen zu bearbeiten und mehrere Szenen zu schreiben. Diese gehen an Lea und kommen von ihr kommentiert zurück. Dann geht es ans Überarbeiten. Erst danach wird der Text den anderen im Forum präsentiert und dort diskutiert. Erstaunlich, wie vielen Logikfehlern und anderen Unstimmigkeiten man bei den Diskussionen noch auf die Spur kommt. Abschließend kommentiert Lea jede Szene erneut.

Wie viele Teilnehmer hatte Ihr Kurs?

In meinem Kurs waren wir zeitweise bis zu 13 Teilnehmer. Allerdings haben nur acht davon konsequent bis zum Schluss durchgehalten. Die Onlinekurse von Lea Korte setzen schon einiges an Selbstdisziplin und Fleiß voraus. Das fiel auch mir nicht immer leicht, die Hausaufgaben neben Beruf, Familie und der Überarbeitung von „Gleichklang“ zu stemmen. Manches Mal war ich kurz davor, Sina Roth ins Eck zu werfen.

Neben Ulrike Dietmann lassen Sie sich inzwischen auch von Lea Korte coachen…

Das hat sich aufgrund des Online-Kurses einfach so ergeben. Nach dessen Abschluss kann ich mich bei Lea Korte nur noch über das Coaching und im geschlossenen Forum weiterbilden.

Heißt es nicht, viele Köche verderben den Brei?

Da ich sowieso beständig an mehreren Projekten gleichzeitig arbeite, ist das für mich sogar eine Erleichterung, für meine verschiedenen Projekte unterschiedliche Ansprechpartner zu haben. Mir liegt das, mit unterschiedlichen Menschen-, Autoren- und Dozententypen zu arbeiten. Einerseits profitiere ich von Ulrikes ruhiger, überlegter Art, andererseits von Leas übersprudelnder, spontaner Arbeit. Das ist äußerst spannend. Ich möchte weder das eine, noch das andere missen. Im Gegenteil: Bei Ulrike Dietmann werde ich jährlich mindestens ein weiteres Training besuchen; bevorzugt das Schamanische Reisen. Das bringt mir pure Inspiration.

Der Ansatz der Pegasus-Schreibschule legt nahe, dass Sie Schreiben für einen spirituellen Prozess halten…

(lacht) Das kann meine Familie nur bestätigen. Wenn ich schreibe, bin ich definitiv in einer anderen Welt. So es rundläuft. Man beamt sich quasi zu seinen Protagonisten und lässt sie leiden, lieben … Es fließt aus einem heraus, ohne das man nachdenken, planen muss. Die Personen verselbständigen sich und die Handlungen passieren einfach – wie Magie! Manches Mal tauche ich ungerne aus dieser Welt wieder auf. Beim Überarbeiten kann ich oftmals nicht fassen, dass ich das geschrieben haben soll, was da auf dem Papier steht.

Mit Lea Korte arbeiten Sie an den Kriminalgeschichten rund um die 32-jährige Kommissarin Sina Roth. Band 1 soll zum Jahresende unter dem Pseudonym Lexi Frey erscheinen. Warum nicht unter Ihrem Namen?

Ein kleiner Gag, den ich mir erlauben will: Wer die Bände „Herbststürme“ und „Sternschnuppen-Regen“ aus meiner Kurzroman-Serie rund um den fiktiven Ort Mittsingen kennt, kennt auch Lexi Frey.

Die Buchhändlerin, die Krimis für die Schublade schreibt…

Exakt. Ich meine, ein anderes Genre zieht auch einen anderen Namen nach sich. Gabriele Schmid steht ja eher für Liebe.

Sehen Sie vor, auch weiterhin in Ihre Ausbildung als Romanautorin zu investieren?

Abgesehen von den bereits genannten Vorhaben bei Ulrike Dietmann möchte ich mich als Krimi-Autorin weiterbilden. Hierzu suche ich noch passende Schulungsmöglichkeiten. Derzeit allerdings besteht mein vorrangiges Ziel darin, meinen Platz als Autorin zu festigen.

Dazu kommen wir noch. Für heute: Danke, dass Sie sich die Zeit genommen haben, eine Menge Fragen rund um Autorenschulen zu beantworten.

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In der losen Interview-Reihe “Steglitz fragt … bei Autoren nach” standen bereits Rede und Antwort:  Jando, Petra van Cronenburg, Petra Röder, Nicole Sowade aka Miss Januar, Jan-Uwe Fitz aka Vergraemer, die Sachbuch-Autorin Sonya Winterberg, der Berner Shooting-Star Patric Marino, Wilhelm Ruprecht Frieling, im Social Web als Prinz Rupi bekannt, der Selfpublisher Michael Meisheit und der Lyriker Jost Renner. –  Stets geht es darum, wie die befragten Autoren die Entwicklungen infolge der Digitalisierung einschätzen, welche neuen Wege sie nutzen und wo sie Chancen und Risiken sehen.

Steglitz fragt bei Jost Renner nach

„Ich bin Autor und will es in diesem Teilbereich meines Lebens auch ausschließlich sein“

Viele Worte brauche ich über ihn wohl nicht zu verlieren. Die Bibliophilen unter uns dürften ihn als Blogger, von Twitter (derzeit unter Amfortas) her kennen oder LiebesEnden und seinem Profil bei Facebook folgen: Jost Renner: belesen, emphatisch sympathisch … In diesen Tagen erschien beim Mirabilis Verlag sein Gedichtband „LiebesEnden“. Anlass genug, wie ich meine, Jost dazu und zu anderem zu befragen.

Gratuliere, Jost! Dein erstes gedrucktes Buch und noch dazu bei einem „richtigen“ Verlag. Wie fühlt sich das an?

Ich danke Dir. Es fühlt sich gut an, sehr gut, als ob ein Ziel im Leben nun erreicht sei, eine Wegmarke, an der sich möglicherweise weitere Türen öffnen und neue Wege finden.

Leichtes Spiel haben jene ja nicht, die einen Verlag suchen. Und noch dazu für Lyrik! Welche Erfahrungen hast du dabei gemacht?

© Jost Renner

© Jost Renner

Ich selbst habe niemals aktiv nach einem Verlag gesucht, zunächst nicht einmal daran gedacht, dass meine Texte überhaupt – über das bescheidene Medium des Blogs hinaus – veröffentlichungswürdig seien. Die Hinweise kamen nach und nach von anderen, Schreibenden, einer Lektorin, also Leuten, die beruflich oder doch aktiv nebenberuflich mit der Materie befasst waren. Ernstnehmen konnte ich das zunächst nicht, denn ich bin einigermaßen belesen und neige gerade daher zu Vergleichen. Meine Selbstzweifel tun ein Übriges. Ein Freund machte einen Verlag auf mich aufmerksam und drängte mich, den Kontakt dann auch zu suchen. Was ich tat. Der Verleger, ein sehr freundlicher und engagierter Mann, selbst Lyriker, schien zunächst recht angetan, seine Lektoratsvorschläge waren allerdings derart tiefgreifend, dass ich meinte, er wolle meine Gedichte selbst und anders schreiben. Der Kontakt brach ab, zwangsläufig, weil solcherart Eingriffe, die auch Inhalte und den Sinn verändert hätten, für mich nicht akzeptabel waren. Damit beurteile ich nicht die eventuelle Berechtigung und die damit für mich einhergehende Bewertung meiner Texte durch den Verleger.

Wie kam es zur Zusammenarbeit mit dem Mirabilis Verlag?

Meine Verlegerin war über die ganze Zeit – und ist es noch – meine Blognachbarin, sodass wir unsere Blogs gegenseitig regelmäßig lasen und kommentierten. Zu Beginn meines Gedichtblogs LiebesEnden war sie allerdings noch nicht Verlegerin. Und ich erfuhr zudem erst nach Abschluss des Vertrages, dass wir uns über Jahre kannten. Ein persönlicherer Kontakt entstand zunächst über Facebook, wo sie wohl auch über die Reaktionen meiner Freunde / Leser mehr erfuhr, ebenso wie um meinen Umgang mit dem Selbstmarketing. Ein Verlag, wie klein er auch sei, ist ein Wirtschaftsunternehmen, oft eines mit Herzblut aufgebautes, das sich aber dennoch finanzieren muss. Ich gehe davon aus, dass der Zuspruch für meine Texte neben der Qualität und dem persönlichen Gefallen den Ausschlag gab, das Risiko einzugehen.

Für deine Publikation konntest du aus dem Vollen schöpfen. Schließlich veröffentlichst du auf deinem Lyrik-Blog LiebesEnden seit nahezu drei Jahren regelmäßig Gedichte. Ist dir die Auswahl schwer gefallen? Welche Kriterien spielten dabei eine Rolle?

Es waren zum Zeitpunkt der Auswahl etwa 300 Texte vorhanden. Es war meine Rolle, zunächst 30 Gedichte vorzuschlagen, von denen ursprünglich nur 10 oder 12 hätten veröffentlicht werden sollen. Ich habe mich bemüht, in der Auswahl einen kleinen Ausschnitt meiner Themen (Himmel, Liebe, Melancholie) zu berücksichtigen, und mich des Weiteren eher an Qualität, Klang orientiert. Nur wenig Frühes ist dadurch eingeflossen, da die ersten Texte eher kommunikativ, therapeutisch und sicherlich selbstbemitleidend waren. Die aktuelleren Texte weisen meiner Meinung nach einen größeren Gestaltungswillen, ein Ringen um die Form und eine Tendenz zum Allgemeingültigeren auf, was allerdings nicht heißen soll, sie seien perfekt oder gar nobelpreisverdächtig.

Hat deine Verlegerin bei der Auswahl ein Wörtchen mitgeredet?

Natürlich hat meine Verlegerin Barbara Miklaw bei der Auswahl mitgeredet. Zum einen ist sie gleichzeitig meine Lektorin, zum anderen trägt eben sie auch das wirtschaftliche Risiko. Wir verstehen uns allerdings gut, und letztlich lehnte sie zwei meiner eher arg finsteren Texte ab, da sie mit ihnen nicht einverstanden sein konnte. Ich bedaure dies zwar, denn auch dies ist eine Seite meines Schaffens, die ihre Berechtigung hat. Andererseits konnte ich mich auch wiederum nicht beschweren, wurden dann doch alle 28 verbleibenden Texte – statt nur ursprünglich geplanter 10 – 12 – in das Büchlein aufgenommen.

Wie kam es zur Covergestaltung?

Sehr dankbar bin ich dafür Blog-Freundin, Autorin und Grafikerin Phyllis Kiehl, dass sie mir schon für mein Blog das Titelbild zeichnete und es auch für die Buchausgabe zur Verfügung stellte.

Was sollte ein Jung-Autor bei der Zusammenarbeit mit einem Verlag besonders beachten?

Als jemand, der durch einen Gutteil Glück in einem Verlag gelandet ist, tu ich mich ein wenig schwer, da Ratschläge zu geben. Grundsätzlich gilt natürlich: Du unterschreibst einen Vertrag! Dann lies ihn Dir vor dem Unterzeichnen genau durch. Dies ist im Falle eines Vertragsverhältnisses mit einem Verlag ebenso wichtig wie in dem etwa mit Facebook, und ich hoffe, bei einem Verlagsvertrag wird diese Regel etwas stringenter befolgt. Ein Vertrag, der dem Muster etwa des VS entspricht oder sich nahe daran anlehnt, sollte in der Regel unproblematisch sein. Dinge, mit denen ich mich noch näher beschäftigen muss, hängen zudem daran: Autorenhonorare sind Einkommen, somit steuer(erklärungs) – und sozialabgabenpflichtig. Und das obliegt dem Autor. Selfpublisher dürfen sich vermutlich auch mit Gewerbe und Gewerbesteuern auseinandersetzen. Dies alles will erkundet werden.

Und auf zwischenmenschlicher Ebene?

Ich denke, es ist zunächst wichtig, sich menschlich zu beschnuppern und zu sondieren, ob man auf der menschlichen Ebene und mindestens auf neutral-sachlicher Ebene miteinander klarkommt und kommunizieren kann. Dass der Verleger oder Lektor ein grundsätzliches Interesse am Text bzw. der Arbeit des Autors hat, wäre schon hilfreich. Kommunikation ist immer alles, das heißt, reden, reden und nochmals reden. In der Regel sind Verleger und Lektoren nicht der Feind eines Autors, auch wenn ab und an eine Eitelkeit gekränkt oder gar Grenzen überschritten werden. Grenzen sollte es auch für Autoren geben, unbedingt, aber eben auch Verhandlungsbereitschaft, Auseinandersetzungsfähigkeit unter Verwendung guter Argumente.  Nicht jeder Kompromiss ist ein schlechter.

Was rätst du Nachwuchsautoren generell?

© GvP

das Debüt-Gedichtbändchen © GvP

Schon wieder das mit dem Radschlagen … Ich kann mich allenfalls – und das höchst subjektiv – auf den Bereich Lyrik beschränken, da von mir Prosawerke eher nicht zu erwarten sind. Daraus könnte man vielleicht ableiten: 1. teste und erkunde, welche Art der Literatur Dir liegt. Das tut man durch Schreiben. 2. Übe Dich in genau dem Dir passend erscheinenden Bereich; Aussagen und Inhalte werden auf Dauer vielleicht von selbst einen Formenwechsel nahelegen. Als „Dichterling“ glaube ich nicht wirklich an so etwas wie eine genialische Idee, denke aber, es gibt regelmäßig Themen, Worte, Zitate, Beobachtungen, Empfindungen, die einen quasi anspringen und auf eine Umsetzung durch Kunst, also das Schreiben warten. Eine emotionale Unbeteiligtheit eines Lyrikers kann ich mir nicht vorstellen, das mag allerdings an meiner eigenen Entwicklung liegen. Dennoch folgen hier weitere unverbindliche Gedanken:

1. Lies, lies so viel als möglich, bewege Dich in einem anspruchsvollen Niveau. 1.a. In der Literatur ist der Wortschatz ein wichtiges Gut. Er muss groß und korrekt angewendet sein, ähnliches gilt natürlich auch für Grammatik und Orthographie. 2. Lebe! Ohne Konfrontation mit einem Thema, einer Emotion, ohne Menschen – und Selbstbeobachtung, ohne lebendige Auseinandersetzung bleibt auch das Geschriebene blutleer. 3. Denke! Die Idee mag einer Emotion entsprungen sein, die Umsetzung aber ist (Gedanken-)Arbeit, denn die Aufgabe eines Gedichtes ist es nicht, das Empfinden wiederzugeben, nachzuerzählen, sondern es auf den Leser zu übertragen, bzw. für ihn nicht nur nachvollziehbar, sondern nacherlebbar zu machen. Dazu bedarf es tragender und stimmiger Bilder, es bedarf der Form, des Klangs, also der Sprache. 4. Schreibe! Finde Deine eigene Sprache, sei sie schlicht, symbolisch oder gar hermetisch. Sie muss Deine sein und wiedererkennbar. Ich empfinde es als eine Todsünde, Sätze wider alle Regeln hinzukneten, bis sie passen, um nur der allgemeinen Vorstellung eines Gedichtes nahezukommen. Und auch Sprache, Wörter sollten präzise gewählt sein, und mindestens dem Autor sollte klar sein, warum welches Wort im Text erscheint.

Auch dein Lyrik-Band wird sich vermutlich nicht von selbst verkaufen. Was unternimmt dein Verlag dafür?

Nicht? Ich bin enttäuscht. 😉 Mein Verlag wird auf der Buchmesse in Leipzig einen Stand haben. Es sind Lesungen in Planung. Meine Verlegerin hat Ansprechpartner im stationären Buchhandel und bewegt sich – wie ich selbst – in den sozialen Netzwerken. Zudem gibt es eine Verlags-Homepage, Kontakte zu Bloggern und anderen Autoren. Einzelheiten, selbst wenn sie mir bekannt wären oder sind, gäbe ich allerdings ungern preis.

Und was tust du für dein Buch-Marketing?

Wenn ich behauptete: nichts, wäre es eine Lüge. Ich habe kurz vor Erscheinen deutlich und auf allen mir zur Verfügung stehenden Kanälen auf die Veröffentlichung hingewiesen und dies bei Erscheinen wiederholt. Dies wurde im Facebook-Freundeskreis und bei den Fans meiner für das Blog eingerichteten Seite freudig begrüßt und freiwillig oft geteilt. Ähnlich lief es bei Twitter. Und beides macht mich sehr glücklich, denn es scheint, menschliches Miteinander, die Vertrautheit mit meinen Texten und das Gefallen daran, vielleicht auch eine objektive Qualität meiner Gedichte, erleichtern vieles. Inzwischen kommen die ersten Rückmeldungen von Bestellern herein, die wiederum selbst Aufmerksamkeit auf das Büchlein lenken.

Wie weiter?

Was folgt, werde ich sehen. Den ein oder anderen Hinweis werde ich schon einstreuen müssen, Wegmarken wie eine zweite Auflage (ach, Hoffnung!) oder das Überschreiten der Tausender- oder Zehntausender-Marke (oh, Illusion, Du Trügerische!) würde ich natürlich lauthals und ehrlich hocherfreut verkünden, Auflagenhöhe oder Verkaufszahlen gehen allenfalls die Verlegerin, mich und das Finanzamt was an. Lesungen gebe ich selbstverständlich bekannt. Ich denke, ich werde im Großen und Ganzen das tun, was ich auch bisher tat : eine interessante und menschliche Präsenz in den sozialen Netzwerken zeigen und dort kommunizieren – und zwar auf Augenhöhe mit meine Lesern – und als bestes Marketing überhaupt mich bemühen, weiterhin gute Texte zu schreiben und in mein Blog zu stellen.

Mir ist bekannt, dass du Publikationen von Selfpublishern recht kritisch, wenn nicht sogar skeptisch gegenüberstehst …

Erstens habe ich starke Vorbehalte gegen das Selfpublishing, weil für mich ganz grundsätzlich Kunst (jeder Art) nichts demokratisches ist, weder in der Schaffung noch in der Rezeption. Selfpublishing aber wird zu 90 Prozent zwangsläufig genau diese Tendenz verfolgen müssen. Jeder darf, also kann auch jeder. Daraus folgt zum einen eine Überflutung generell, eine mit Minderqualitäten im Speziellen, die dann auch noch die wirklich Guten, die es auch im Selfpublishing-Segment gibt, untergehen lässt. Und gut heißt eben nicht oder sogar nur selten bei Jungautoren gut verkäuflich. Im Gegenteil. Verlage, die Müll produzieren oder mir nicht Entsprechendes, kann ich komplett ausblenden. Beim Selfpublishing gibt es eine unregulierte Flut zum Teil unlektorierter oder unbedarft lektorierter Texte, die ich schlicht weder sichten kann, noch will. Also lasse ich die Finger davon.

Für dich persönlich ist Selfpublishing demnach keine Option?

Das korrespondiert mit meiner eigenen Eignung für das Selfpublishing: 1. bin ich Autor und will es in diesem Teilbereich meines Lebens auch ausschließlich sein. Wie jeder Jungautor könnte ich vom ersten, dem ersten Buch vermutlich nicht leben, den Weg aber eines Unternehmers mit letztendlich demselben Ergebnis will und kann ich nicht gehen. Wäre ich auf Einnahmen angewiesen, wie es ja die Regel ist, blieben Lesungen, journalistische Arbeiten und Stipendien oder Preise, die Mühen in der Ebene, halt. Zudem bin ich eher selbstzweiflerisch und habe Mühe, mir die Qualität meines Tuns bewusst zu machen. Es bedarf für mich dann schon einer Person, die mich bestärkt, an Schwächen im Text mit mir – kooperativ – arbeitet, was meine Verlegerin Barbara Miklaw ja bereitwillig und sehr angenehm tat.

Arbeit im Team ginge als Selfpublisher auch, aber gut … Es heißt ja, dass die Digitalisierung und der Umstand, dass Autoren nicht mehr auf Verlage angewiesen sind, erhebliche Folgen für den Buchmarkt und -handel haben werden. Wie schätzt du die weitere Entwicklung ein?

Das kann für die Verlage ein Problem werden, zumindest im jeweiligen nationalen Bereich. Das heißt, die USA werden die Verwerfungen im Verlagswesen vermutlich härter treffen als etwa Deutschland. Denn im anglo-amerikanischen Raum sind Übersetzungen deutlich weniger präsent als im deutschen, wobei ich auch in den USA eine Zunahme von übersetzten Titeln wahrzunehmen scheine. Das digitale Selfpublishing ist national gut machbar, verschiedene Übersetzungen zu arrangieren, zu bezahlen und auf die Länder zu verteilen wird umständlich. Vermutlich können da die Verlage punkten, vielleicht auch ein neues Geschäftsfeld entwickeln. Rein marktwirtschaftlich überlegt müsste es bedeuten, wandert die Nachfrage des Autoren nach einem Verlag ab, müssen die Verlage sehen, ihr Angebot zu verbessern und dem Autor wieder schmackhaft zu machen. Ob dies die großen Konzernverlage können und wollen, scheint mir fraglich, und hier vermute ich auch die Wurzel vieler unguter Entwicklungen.

Und der Buchhandel?

Den stationären Buchhandel wird es in jedem Falle härter treffen, denn er wird von vielen Seiten attackiert – von Amazon über E-books über Flächenmieten und steigender Abgabenlast bei stagnierenden oder zurückgehenden Reallöhnen der Kunden. Ich habe zudem bislang kein belastbares Konzept gefunden, wie etwa der stationäre Buchhandel – problemlos – am E-book-Geschäft partizipieren könnte oder der Übermacht bestimmter Versandriesen standhalten könnte oder wollte. Denn wirklich intelligente und zielführende Bemühungen sah ich bislang nicht. Und mich an die 55 Thesen zur Zukunft des Buchhandels erinnernd sehe ich auch vom Börsenverein wenig Unterstützung für das Sortiment. Da ich ja aus dem Buchhandel komme, bin ich darob traurig, aber schon der erste Testbericht zum tolino shine und die Qual mit adobe und anderen DRM – Spielchen bestätigen mich. Amazon kann es besser. Andernorts will man wohl einfach nicht.

Wie hältst du es persönlich mit dem E-Book?

Ich lese keine E-Books. Zum einen besitze ich eine gut sortierte Bibliothek mit über 10.000 Bänden, die ich längst nicht alle gelesen habe, zweitens bin ich mit nun gut 52 Jahren konservativ und bestehe darauf, mich mit Büchern zu umgeben, sie zu halten, aufzuschlagen und zu lesen, und kann mir nur schwer vorstellen ein Gleiches mit dem „Prinzip Buch“ zu tun, dieser Meisterleistung an buchhändlerischem PR-Schwachsinn.

Meinst du, dass dem E-Book die Zukunft gehört?

Ich vermute, ja. In Deutschland wird es lange dauern, bis die Herrschaften in den Verlagen, so sie noch existieren, es gemerkt haben werden und sich entsprechend verhalten, d.h., die Preise für E-Books auf das amerikanische und meines Erachtens einzig zu rechtfertigende Niveau absenken (das geht auch im Rahmen der Buchpreisbindung), einen kundenfreundlicheren Umgang mit DRM gefunden haben werden, das mit der sich abzeichnenden Tendenz zum E-Book-Leihen eh nicht kompatibel ist, und schlussendlich alle dann auch auf den Zug aufspringen. Dennoch bleibt auf Dauer ein Absinken des literarischen Niveaus zu befürchten, denn E-Books werden vermutlich auch den Hang zur übergroßen Verkäuflichkeit bestärken. Ich meine auch, dass ich in der Zukunft tot sein werde, wenn es soweit ist. Und das finde ich ausnahmsweise mal ganz gut so.

Was stößt dir bei den Diskussionen rund um die Zukunft des Buches besonders negativ auf?

Kurz gesagt: dummes Branchengejammer bei gleichzeitiger Unfähigkeit oder gleichzeitigem Unwillen, intelligent und vorausschauend zu handeln.

Danke vielmals, Jost. Und Glück auf mit deinem Erstling. Mögen deine Gedichte zu vielen Lesern und Leserinnen finden!

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In der losen Interview-Reihe “Steglitz fragt … bei Autoren nach” standen bereits Rede und Antwort:  Jando, Petra van Cronenburg, Petra Röder, Nicole Sowade aka Miss Januar, Jan-Uwe Fitz aka Vergraemer, die Sachbuch-Autorin Sonya Winterberg der Berner Shooting-Star Patric Marino, Wilhelm Ruprecht Frieling, im Social Web als Prinz Rupi bekannt, und der Selfpublisher Michael Meisheit. –  Stets geht es darum, wie die befragten Autoren die Entwicklungen infolge der Digitalisierung einschätzen, welche neuen Wege sie nutzen und wo sie Chancen und Risiken sehen.