„Der Buchhändler versteht sich viel zu oft als Geheimwissender.“ SteglitzMind stellt Susanne Dagen vom „Buchhaus Loschwitz“ vor

Sind Buchhändler tatsächlich die Verlierer der Digitalisierung? Wie gehen sie mit den Schreckensszenarien um? Wo sehen sie Risiken, wo Chancen und welche Weichen stellen sie, um zukunftsfähig zu bleiben? Wie halten sie es mit dem E-Book und wären Titel von Self Publishern für sie eine Option? Diese u.a. Aspekte will die Gesprächsreihe “Steglitz stellt Buchhändlerinnen und Buchhändler vor” beleuchten, in der Interviewpartner in loser Folge standardisierte Fragen beantworten.

Welche Buchmenschen und Buchhandlungen wir zukünftig etwas näher kennenlernen, schlagen zum einen jene vor, die mir Rede und Antwort stehen. Darüber hinaus freue ich mich auf Empfehlungen von Euch, wer hier ebenfalls zu Wort kommen sollte. Und, bitte sehr, vermerkt Eure Vorschläge hier (nebst Link zur Buchhandlung); und nicht etwa auf diversen anderen Kanälen im Social Web. Danke sehr! Im Übrigen freue ich mich auch über Gastbeiträge: Was habt Ihr in Buchhandlungen erlebt? Woran denkt Ihr gerne zurück, was ist Euch aufgestoßen?

Dass wir heute Susanne Dagen vom Buchhaus Loschwitz in Dresden etwas näher kennenlernen, haben wir Klaus Kowalke von der Stadtteilbuchhandlung Lessing und Kompanie Literatur e. V. in Chemnitz zu danken.

Eine Skizze vom Laden…

Das BuchHaus Loschwitz ist von Susanne Dagen und Michael Bormann im Jahre 1995 gegründet worden. Der Laden umfasst nicht mehr als 50 qm, auf denen sich allerdings die deutschsprachigen Perlen der literarischen Welt tummeln und auch Bibliophiles, feinstes Kinderbuch und Saxonica seinen Platz findet.

Warum sind Sie Buchhändlerin geworden?

Susanne Dagen © Anke Baltzer

Susanne Dagen © Anke Baltzer

Schwankend zwischen der ausgeübten Musik und dem Interesse für Literatur hat die Freude am Geschriebenen, die Lust am Tagtraum die Oberhand gewonnen.

Würden Sie sich unter heutigen Bedingungen abermals für diesen Beruf entscheiden?

Ein wunderbarer Beruf! Und ein Typengeschäft dazu! Würden sich all die Idealisten, die Genießer, die Spinner und Geschichtenerzähler entscheiden, eine Buchhandlung zu eröffnen, wäre unsere Branche reicher und verführerischer!

Was hat sich in den vergangenen Jahren in Ihrem beruflichen Alltag verändert?

Ich bin seit über zwanzig Jahren Buchhändlerin. Da wird viel Zeit frei durch die Routine des Alltags, die man mit den tausend anderen schönen Dingen füllen kann. Zum Beispiel, seine Kontakte zu pflegen und damit viel leichter, schneller und unkomplizierter Ideen zu verwirklichen.

Die Devise heißt ja: Buchhandel go online! Was unternehmen Sie in dieser Richtung?

Nix. Ich bin lieber jeden Tag da.

Das Sterben der Buchläden ist allgegenwärtig. Wo verorten Sie für Ihre Buchhandlung die größten Gefahren?

Die größte Gefahr für uns ist die nachlassende Neugier und das im wörtlichen Sinne. Wir verkaufen doch seit Jahr und Tag die selben Geschichten. Und doch wollen wir immer aufs Neue überraschen. Man darf niemals müde werden. Das kostet Kraft.

Wie halten Sie es mit dem E-Book?

Buchhaus Loschwitz © Susanne Dagen

Buchhaus Loschwitz © Susanne Dagen

Ich überlege seit Jahren, mir ein Lesegerät zuzulegen. Schließlich reise ich  immer und überall mit Taschen voller Bücher und Manuskripten. Bis heute.

Wäre das eine Option für Sie, auch Titel von Self Publishern anzubieten?

Warum denn nicht? Schließlich entscheidet die Qualität, die Form, der Inhalt. Wenn das stimmt, sehr gern.

Wie verkauft man heutzutage Bücher?

Mein tägliches Tun ist immens beratungsintensiv. Und wird es immer mehr. Das zeigt mir, dass unsere Besucher, Meinung schätzen und achten. Ich versuche immer, das passende zu finden und bin dankbar für jeden Rücklauf. Da macht mich auch Kritik glücklich. Ich glaube das Wichtigste ist es, seinen Gegenüber ernst zu nehmen. Da versteht sich der Buchhändler in meinen Augen viel zu oft als Geheimwissender…

Wenn Sie drei Wünsche frei hätten, die Ihnen Verlage erfüllen… Welche wären das?

  1. Weniger ist mehr!
  2. Unterstützt den stationären Buchhändler, der tut das nämlich auch!
  3. Schafft die Print-Vorschauen ab!

Und was würden Sie sich vom Börsenverein für den deutschen Buchhandel wünschen?

Kulturhaus Loschwitz © Susanne Dagen

Kulturhaus Loschwitz © Susanne Dagen

  1. Passt die Beiträge sinnvoll an!
  2. Unterstützt den stationären Buchhändler, von dem lebt ihr nämlich!
  3. Treibt die Dezentralisierung voran und unterstützt die Landesverbände in ihrem Tun!

Was treibt Sie in der literarischen Szene, dem Literaturbetrieb derzeit besonders um?

Zuviel Polemik bei jedweder Berichterstattung ermüdet und informiert fehl. Ich lese Bücher, da hat man alles schon erlebt. Glaubt man. Menschliches treibt mich immer um.

Warum sollten Kunden in eine Buchhandlung gehen?

Wenn sie Lust aufs Schwatzen, aufs Mithören, auf Lachen und auf Wutanfälle haben. Weil wir hier eine Menge bunter Hunde bedienen.

Welche anderen Buchhandlungen empfehlen Sie? Und wer sollte in dieser Gesprächs-Reihe möglichst auch zu Wort kommen?

Manfred Keiper, die andere buchhandlung in Rostock. Bei dem habe ich während meiner Lehrjahre viel gelernt!

Danke vielmals. – Im Übrigen: Susanne Dagen und Michael Bormann betreiben neben ihrer Buchhandlung außerdem das Kulturhaus Loschwitz, wo allerlein Veranstaltungen geboten werden. Darüber hinaus unterstützen sie das Dresdner Lyrik-Stipendium, das der Verein Literarisches Dresden in diesem Jahr erstmalig ausgeschrieben hat.

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Fünf Fragen vom Börsenblatt für den deutschen Buchhandel zur Gesprächsreihe mit Buchhändler/innen beantworte ich hier

Zu Wort gekommen sind bislang:

Susanne Martin von der Schiller Buchhandlung in Stuttgart/Vaihingen

Edda Braun mit ihrer Buchhandlung am Turm in Ochsenfurt

Samy Wiltschek von der Kulturbuchhandlung Jastram in Ulm

Margarete Haimberger mit ihrer Schröersche Buchhandlung in Berlin/Schöneberg

Sonja Lehmann vom Bücherwurm Borken im Nordhessischen

Martina Bergmann mit der Buchhandlung Frau Bergmann in Borgholzhausen

Thomas Calliebe mit seiner Buchhandlung Calliebe in Groß-Gerau

Mila Becker mit Mila Becker Buch & Präsent in Voerde

Trix Niederhauser aus der Schweiz von der Buchhandlung am Kronenplatz in Burgdorf/Emmental

Simone Dalbert von der der Buchhandlung Schöningh in Würzburg

Klaus Kowalke von der Stadtteilbuchhandlung Lessing und Kompanie Literatur e. V. in Chemnitz

Beate Laufer-Johannes von der der BücherInsel in Frauenaurach bei Erlangen

Petra Hartlieb von der Wiener Buchhandlung Hartliebs Bücher

Nicole Jünger aka Kata Butterblume vom Buchladen am Neuen Markt in Meckenheim

Jörg Braunsdorf von der Berliner Tucholsky-Buchhandlung

Stefanie Diez und ihre Buchhandlung Die Insel im Berliner Bezirk Prenzlauer Berg

Britta Beecken von der Berliner Buchkantine

Heike Wenige mit dem Taschenbuchladen, der im sächsischen Freiberg ansässig ist

Christian Röhrl von der Buchhandlung Bücherwurm in Regensburg